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die Kenntniss des Verkehrs zwischen dem Kaiser und der Curie nicht ins Klare kommen können.

Während die Art der Behandlung in allen übrigen Beziehungen das wärmste Lob verdient, kann ich mich in einem wesentlichen Punkte mit dem Herausgeber nicht einverstanden erklären. Er sagt S. xj der allgemeinen Einleitung: „Auch erfolgt die Mittheilung durchweg im vollen Wortlaut, selbst da, wo anscheinend Unwichtiges berichtet wird.“ Nach meiner Kenntniss des Quellenmaterials zur Geschichte der Reformationszeit ist dieses Princip weder zweckmässig noch ausführbar. Der zu bewältigende Stoff hat einen so gewaltigen Umfang, dass eine Auswahl des Wesentlichen durchweg geboten erscheint, wenn nicht der Forscher von der Masse der Publicationen erdrückt und eine erschöpfende Publication überhaupt möglich werden soll. Selbst wichtige Actenstücke pflegen mehr oder weniger gleichgültige Passagen zu enthalten, mit deren Lectüre der Historiker verschont werden muss. In unserem Falle aber lag es so, dass ein recht erheblicher Theil der Berichte, z. B. gleich die ersten vierzig Schreiben Vergerio’s bei einer abgekürzten Wiedergabe nicht verloren, sondern gewonnen haben würden, und das gelehrte Publikum hätte es dem Herausgeber sicher Dank gewusst, wenn der beträchtliche Umfang seines ersten Bandes wesentlich reducirt worden wäre. Da neuerdings auch bei den Venezianischen Depeschen vom Kaiserhofe, wo es noch viel weniger am Platze war, dieselbe Methode vollständigen Abdrucks Anwendung gefunden hat, so halte ich es für dringende Pflicht, vor diesem Verfahren zu warnen, welches eine unerträgliche Belastung aller derjenigen herbeiführen würde, welche je in dieser Epoche zu forschen haben, und mit dem wir das massenhafte Quellenmaterial niemals bewältigen können. Natürlich setzt die Anwendbarkeit der verkürzten Mittheilung voraus, dass uns der Herausgeber mit vollem Vertrauen in seine Einsicht und Sorgfalt erfülle; das ist aber hier in so hohem Grade der Fall, dass uns Friedensburg mit voller Beruhigung in sehr vielen Fällen statt eines vollständigen Abdrucks einen kurzen Auszug hätte geben dürfen. Er selbst lässt es dahin gestellt sein, ob sich sein Grundsatz auch bei den späteren Bänden werde durchführen lassen. Nun zweifle ich keinen Augenblick, dass die späteren Berichte sehr viel gehaltvoller sein werden: weshalb dann da eine Kürzung zulassen? Es kommt doch nicht darauf an, dass sich jede Nuntiatur stattlich präsentire, sondern dass wir das historisch Wesentliche in der zweckmässigsten Weise erfahren. Aber in allen Dingen muss gelernt werden. Wenn wir erwägen, dass die in diesen zwei Bänden vorliegende sehr beträchtliche Arbeit in kaum drei Jahren bewältigt wurde, so dürfen

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 414. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_07_415.jpg&oldid=- (Version vom 17.2.2023)