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250 Gallien nur eine einzige Diöcese mit dem Hauptort Lyon bildete, dass der erste Gallische Bischof der hl. Pothin war und dass die übrigen Bisthümer erst im 3., 4. und selbst 5. Jahrhundert gegründet wurden.

Es ist bekanntlich viel darüber gestritten worden, in welcher Weise die Theilung von Land und Ertrag zwischen den Gallo-Romanischen Eigenthümern des Bodens und den fremden Eindringlingen, den Barbaren, erfolgt sei. R. Saleilles hat es nun versucht[1], diesen Punkt bezüglich der Burgunder aufzuklären. Seiner Meinung nach fand nur eine Theilung des bebauten Landes, des ager, statt; und diese Theilung ward thatsächlich vollzogen. Dasselbe nimmt er auch von der Theilung in Aquitanien zwischen den Westgothen und den alten Bewohnern des Landes an.

Wir kommen nochmals auf das Buch Max Bonnet’s über die Sprache Gregor’s v. Tours[2] zurück. Der Verfasser beseitigt hier endgültig die philologische Fabel von der unversöhnlichen Feindschaft des classischen und des Vulgär-Lateins. Nicht Unterdrückung, sondern Durchdringung der einen durch die andere fand statt. Derselbe Prozess vollzieht sich zu jeder Zeit. Zu den interessantesten linguistischen Phänomenen des heutigen Tages gehört in Frankreich das allmähliche Eindringen der gesprochenen in die Schriftsprache. Ueber die Abfassungszeit der verschiedenen Werke Gregor’s und über seine literarische und moralische Bedeutung wird man in Bonnet’s Buch eine Fülle werthvoller Aufschlüsse, feiner und geistreicher Bemerkungen finden.

Die weitläufigen und breiten Aufsätze Bladé’s über die Pyrenäische Gascogne bis zum Tode Dagobert’s[3] und bis zur Zeit König Eudo’s verbreiten nur wenig Licht über den so dunkeln Ursprung des ehemaligen Herzogthums Aquitanien. Der Verfasser übt scharfe Kritik an der Arbeit Perroud’s über das gleiche Thema. Letztere ist zwar nicht fehlerfrei, hat aber doch zum mindesten das Verdienst, den Weg zu weiterer Forschung geebnet zu haben. Jedenfalls werden Bladé’s breite und unklare Ausführungen sie nicht in Vergessenheit bringen. – Was man bei Bladé vermisst, die Kritik, findet man in den Abhandlungen C. Pfister’s über die Legende der hl. Odilie[4] und B. Krusch’s über die Vita des hl. Gaugerich,

  1. Vgl. Bibliogr. ’92, 147.
  2. Vgl. DZG V, 193 Note 2. Bibliogr. ’91, 1419.
  3. Annales de la faculté de Bordeaux, 1890 u. 1891.
  4. Le duché mérovingien d’Alsace et la légende de Ste.-Odile. Paris, Berger-Levrault. 1892. 8°. 270 p. Vgl. Bibliogr. ’91, 1445 b.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 430. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_07_431.jpg&oldid=- (Version vom 17.2.2023)