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glaubt im Verlauf der Ereignisse das Walten einer unwandelbaren Gesetzmässigkeit zu erkennen[1]. Aber lange vor dem grossen Florentiner begegnen wir zahlreichen Ansätzen zu einer neuen, unkirchlichen Auffassung der Geschichte, die nun freilich aus anderen Quellen abzuleiten ist. Nicht Altgriechischer Philosophie und Historiographie, sondern Moslimischer Weisheit entlehnten abendländische Gelehrte des 13., 14. und 15. Jahrhunderts den leitenden Gedanken, dass die Schicksale der Menschheit wie des Einzelnen im engsten causalen Zusammenhang stünden mit den Bewegungen der Himmelskörper, also mit regelmässig wiederkehrenden, wenngleich von einem höheren Willen gelenkten Naturerscheinungen. Denn so weit ins Orientalische Alterthum der Glaube an die Macht der Sterne, insbesondere der Planeten zurückreicht, so scheint doch zuerst unter der Herrschaft der Muhammedanischen Araber ein geschlossenes astrologisches Lehrgebäude, sozusagen eine Philosophie der Astrologie sich herausgebildet zu haben, deren Sätze wie auf Naturkunde und Medizin auch auf die Gliederung und Beurtheilung historischen Stoffs Anwendung fanden[2]. Schon im 9. Jahrhundert ist bei Al Kindî, dem Philosophen von Basra, mit dessen Ideen dann sein Schüler Abu Maschar (der Albumasar der Lateiner) zum Ruhm des eigenen Namens gewuchert hat, die auf lange hinaus massgebende Theorie von der Bedeutung der Conjunctionen

  1. Vgl. z. B. R. Rocholl, die Philosophie der Geschichte (Göttingen 1878) p. 40; F. X. v. Wegele, Geschichte der Deutschen Historiographie (München 1885) p. 481; O. Lorenz, die Geschichtswissenschaft I (Leipzig 1886), 221 ff.
  2. Auf die Frage, woher die Arabische Cultur ihre astrologischen Elemente bezogen habe, vermag ich natürlich nicht einzugehen. Man hat an Persischen Ursprung gedacht und in der That kennt die Sekte der Mazdakiten eine Gliederung der Weltgeschichte in zwölf Perioden, deren jede von einem Sternbild des Thierkreises beherrscht wird (Casartelli, La philosophie réligieuse du Mazdéisme sous les Sassanides, Paris 1884, p. 90). Aber auch die Secte der Mandäer, deren eigentlicher Ursprung in der altbabylonischen Religion gesucht wird (Kessler in Herzog’s Realencyclopädie IX², 217), setzt über die 7 Epochen des auf 480 000 Jahre berechneten Daseins der Erde die 7 Planeten. Ueber die Stellung des Talmud zur Astrologie vgl. Joël, Der Aberglaube und die Stellung des Judenthums zu demselben I (Breslau 1881), 93 ff.; A. Schmiedl, Studien über Jüdische, insbesondere Jüdisch-Arabische Religionsphilosophie (Wien 1869) p. 297 ff.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 31. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_08_031.jpg&oldid=- (Version vom 25.2.2023)