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lassen. In umfassender Weise nimmt dann Johannes von Salisbury († 1180) die Polemik gegen die „Mathematiker“ auf, „zu denen die Sterne sprechen und die gleichsam aus dem Schooss des Himmels selbst die Wahrheit herunterholen“. Wer dem Mars oder Jupiter mehr Glauben schenkt als ihrem Schöpfer, der ist nach seiner Ansicht ein höchst verderblicher Lügner; er fährt mit Lucifer zur Hölle und zieht die Armen mit sich, die er zum Fatalismus verführt hat. „Sehr viele von ihnen habe ich gehört, viele gekannt, aber ich erinnere mich nicht, dass irgend einer dauernd diesem Wahn ergeben war, ohne dass die Hand des Herrn die gebührende Strafe an ihm vollzogen hätte“[1]. Damals hatte freilich bereits jene folgenreiche Annäherung zwischen christlicher und Arabischer Wissenschaft begonnen, welche neben den Werken des Aristoteles die Philosophie seiner Moslimischen Jünger dem Abendland zugänglich machen und damit einen neuen überraschenden Aufschwung der Astrologie hervorrufen sollte.

Nicht unmittelbar aus dem Orient, sondern aus Spanien und Sicilien kam diese Umgestaltung des Westeuropäischen Geisteslebens. Toledo, wo eine förmliche Uebersetzerschule von Christen und Juden sich aufthat, war lange Zeit die vornehmste Vermittlerin zwischen den literarischen Schätzen der Muhammedaner und der wissensdurstigen christlichen Gelehrtenwelt. Ein in Marokko oder Kairo entstandenes Werk, sagt Renan, gelangte damals rascher nach Paris und nach Köln, als heutzutage ein epochemachendes Deutsches Buch über den Rhein[2]. Spanien galt für das gelobte Land aller geheimen Wissenschaft, und so standen auch astrologische Schriften mit in vorderster Reihe,

  1. Vgl. Honorius Augustodunensis, Libellus de libero arbitrio (Pez, Thesaurus anecdotorum II, 1, 237 ff.; Hildebertus von Le Mans (Tours), Mathematicus (unvollendetes Gedicht, Migne, Patrol. lat. CLXXI, 1365 ff.); Johannes Saresberiensis, Policraticus I, 12; II, 18–20; 24–26.
  2. Vgl. Jourdain, Recherches critiques sur l’âge et l’origine des traductions latines d’Aristote, Paris 1819; Renan p. 200 ff; V. Rose, Ptolemäus und die Schule von Toledo (Hermes VIII, 1874, p. 327 ff.). Ueber Spanische Astrologen Jüdischen Stammes, wie Abraham ben Chijja und Abraham ibn Esra (12. Jahrh.) vgl. G. Karpeles, Gesch. der Jüd. Literatur (Berlin 1886), p. 499; 531 ff.; Steinschneider in der Zeitschr. der Deutsch-Morgenländischen Gesellschaft XVIII, 123; 161; Zeitschrift für Mathematik und Physik XII, Literaturzeitung p. 1 ff.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 37. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_08_037.jpg&oldid=- (Version vom 25.2.2023)