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auf Moslimischen Ursprung zurückzuführender astrologischer Determinismus, dessen Anstössigkeit in der Lehre gipfelte, dass die verschiedenen „Gesetze“ oder Religionen unter der Herrschaft der einzelnen Planeten entstanden seien und ihr Dasein führten. Man dachte sich die Religion des alten Bundes von Saturn, den Islam von Venus, das Christenthum von der Sonne regiert, ebenso die übrigen „Secten“ durch himmlische Constellationen hervorgerufen[1]. Noch im 12. Jahrhundert begannen astrologische Prophezeiungen umzulaufen, wie jene, die für den September 1186 neben gewaltigen Naturereignissen u. a. auch einen übermenschlichen Religionsstifter aus dem Orient ankündigten[2]. Die einmal vorhandene Neigung, „das Werk der Gnade der Natur zuzuschreiben“[3], konnte nur gefördert werden durch das Eindringen Averroistischer Lehren, wie sie etwa seit den dreissiger Jahren des 13. Jahrhunderts an der Pariser Hochschule aufkamen und nicht zuletzt auch von Angehörigen der beiden grossen Bettelorden vorgetragen wurden.

Nichts ist bezeichnender als die Thatsache, dass wir aus den Jahrhunderten des späteren Mittelalters nur vereinzelte Beispiele kirchlicher Verfolgung und Verurtheilung von Astrologen besitzen. Es erklärt sich dies einmal aus der Unentbehrlichkeit ihrer Kunst, die ja selbst Kleriker jeden Standes, vom Bettelmönch bis zum Cardinal, unter ihre Jünger zählen durfte[4], dann aber aus den nicht sehr glücklichen Bemühungen der kirchlichen Wissenschaft zwischen erlaubter und unerlaubter Astrologie

  1. Vgl. Reuter II, 128 ff.; K. Werner in den Wiener Sitzungsberichten LXXV (1873), 130 f.; 161. Nach einem altarabischen Völkerhoroskop gehörte Rom der Sonne, Arabien der Venus; vgl. Morgenl. Forschungen a. a. O. p. 286.
  2. Vgl. Rigordus, De gestis Philippi Augusti Francorum regis, bei Bouquet, Recueil des historiens des Gaules XVII, 22 f.; vgl. ebd. 67 f.; 363 f.; Vincentius von Beauvais, Speculum historiale XXIX, 41. Der Erzbischof von Canterbury schrieb desshalb ein dreitägiges Fasten aus, Bouquet XVII, 666; hiezu Zeitschr. der Deutsch-Morgenl. Ges. XXIX, 164. Ein Beispiel von 1239 bei Matthaeus Parisiensis, Chronica maiora III, 538.
  3. Bouquet XXIII, 138: beim Aufhören einer Ueberschwemmung 1236 wird dem Urtheil der Astrologen, „qui opus gratiae voluerunt attribuere naturae“, die kirchliche Auffassung entgegengesetzt.
  4. Vgl. H. Ch. Lea, A hist. of the inquisition of the middle ages III (New-York 1887), 438 ff.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 39. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_08_039.jpg&oldid=- (Version vom 25.2.2023)