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Erzeugniss seiner eigenen frei spielenden Phantasie ist. Und doch bezeichnet das seltsame Büchlein des humanistischen Abts in gewissem Sinn für die astrologische Geschichtsconstruction des Mittelalters einen Abschluss. Trotz der ungeheueren Verbreitung der Astrologie im 16. Jahrhundert zeigen die hervorragenden Historiker der Zeit, selbst wenn sie wie Carion und Melanchthon dem Glauben an die Macht der Sterne ergeben waren, keine Beeinflussung ihrer geschichtlichen Arbeiten durch diesen Glauben. Nach wie vor herrscht vielmehr die verbrauchte Lehre von den Weltmonarchien, während die Ansätze zu einer naturalistischen Geschichtsbetrachtung im Geist der Antike, die genialen Winke eines Macchiavelli und Paracelsus zunächst auf unfruchtbaren Boden gefallen sind. Erst Jean Bodin hat diese neue Richtung zielbewusst verfolgt; doch während er das transcendentale Geschichtsbild der Kirche zu zerstören suchte, verirrte er sich selbst zurück auf die Abwege der Arabischen Astrologie und ihrer Conjunctionenlehre. Und er war noch lange nicht der Letzte, der Vergangenheit und Zukunft aus der Sternenschrift des Himmels deuten wollte. Aber das Fortleben astrologischer Speculation im 16. und 17. Jahrhundert darf nicht als blosser Anhang dieser Betrachtung behandelt werden; es ist ein Capitel für sich.



Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 72. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_08_072.jpg&oldid=- (Version vom 26.2.2023)