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Auch in Petersburg war man, wie in Berlin, von dem Stockholmer Staatsstreiche völlig unvorbereitet überrascht worden, obwohl Osterman gleich seinem Collegen Dönhoff es nicht an den eindringlichsten Warnungen hatte fehlen lassen[1]. Aber während es in Preussen nur eines Federzuges König Friedrich’s bedurft hätte, um sofort eine Armee in Schwedisch-Pommern einrücken zu lassen, sah man sich in Russland genöthigt, zunächst wenigstens gute Miene zum bösen Spiel zu machen. Denn um eine energische Politik gegen Schweden verfolgen zu können, musste man erst den Ausgang der Russisch-Türkischen Friedensverhandlungen zu Fokschani abwarten, musste man ferner erst durch Wiederinstandsetzung der Finländischen Festungen die infolge des Türkenkrieges von Truppen ganz entblösste Russische Hauptstadt gegen einen Schwedischen Handstreich sichern[2], musste man endlich sich erst Klarheit darüber zu verschaffen suchen, ob man auch auf den Beistand der Alliirten, namentlich des Preussischen Königs, rechnen könne, den das Gerücht allgemein als Mitwisser der Pläne seines Neffen bezeichnete[3]. Dass freilich

    que j’ai eu des avis qu’il se tramait quelque chose. Le Cte. Osterman m’en a fait avertir, mais je n’ai pas voulu le croire, parce que j’ai cru le Roi trop sage pour entreprendre une telle étourderie – – –. Je vous assure que je suis véritablement affligé de cet esclandre – – –. Je m’en lave les mains“. Fersen III, 453.

  1. Von der Sorglosigkeit des Petersburger Hofes zeugt z. B. der bei Hjelt, Sveriges ställning till utlandet närmast efter 1772 års statshvälfning (Helsingfors, 1887) [Beilagen] S. 21–24 in Schwedischer Uebersetzung mitgetheilte Wortlaut des kaiserlichen Rescripts an Osterman vom 13./24. August.
  2. In einer Depesche des Englischen Gesandten Gunning (Petersburg, 21. August/1. September) heisst es sehr bezeichnend: „If the Swedes dare take the resolution of acting offensively, nothing could prevent their rendering themselves masters of Cronstadt and this capital“. Sbornik XIX, 304 f. (Petersburg, 1876).
  3. Osterman z. B. äusserte diesen Verdacht in seiner Depesche vom 10./21. August (Solovjev XXVIII, 387), Gunning in seinem Bericht vom 24. August/4. September (E. Tegnér, Bidrag till kännedomen om Sveriges yttre politik närmast efter statshvälfhingen 1772, in: Hist. Bibliotek, utg. af C. Silfverstolpe VI, 149. Stockh. 1879). – Das Gerücht musste um so glaubwürdiger erscheinen, als es von Gustav durch zweideutige Aeusserungen geflissentlich genährt wurde. Am 15. September schreibt Dönhoff z. B.: „Pour tranquilliser le public – – –, le Roi [de Suède] lui-même flatte constamment son parti de l’approbation de V. M. comme d’une chose assurée“.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 120. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_08_120.jpg&oldid=- (Version vom 12.9.2022)