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Bald musste auch der letzte Zweifel schwinden. Mitte März hatte Gustav der Kaiserin Katharina nochmals die Hand zur Versöhnung dargeboten, indem er ihr den Vorschlag zur Erneuerung der 1770 abgelaufenen Schwedisch-Russischen Defensivallianz unterbreiten und gleichzeitig die Versicherung abgeben liess, die von ihm getroffenen Vertheidigungsmassregeln würden sofort wieder eingestellt werden, wofern er nur die absolute Gewissheit erhielte, dass man auch Russischerseits keinen Angriff gegen Schweden plane. Mit ängstlicher Spannung sah man in der Schwedischen Hauptstadt der Russischen Antwort entgegen, welche unter den obwaltenden Umständen das beste Barometer für die Stimmung der Petersburger Hofkreise abgeben musste. Am 24. April überreichte Osterman eine Note, deren Wortlaut die kühnsten Erwartungen und Hoffnungen des Schwedischen Königs noch weit übertraf. Hiess es doch darin, die Russische Monarchin habe mit aufrichtiger Befriedigung von den friedlichen Aeusserungen ihres Schwedischen Vetters vernommen und wolle daher nunmehr auch gern ihrerseits erklären, dass die Rüstungen an der Finländischen Grenze lediglich Ausflüsse ihrer Besorgniss vor einem Angriff Schwedens auf die Dänischen und Russischen Grenzprovinzen gewesen. Dem Plan einer Erneuerung des Russisch-Schwedischen Defensivbündnisses stehe sie keineswegs principiell feindlich gegenüber; doch sei sie der Meinung, dass alle weiteren Erwägungen darüber auf ruhigere Zeiten zu verschieben seien. Mit anderen Worten: Russland sah sich in Folge des Wiederausbruchs des Krieges mit der Pforte genöthigt, bis auf Weiteres gute Miene zum bösen Spiel zu machen und den durch den Stockholmer Staatsstreich vom 19. August 1772 in Schweden neugeschaffenen Zustand als zu Recht bestehend anzuerkennen[1].

Dass man in Petersburg freilich keineswegs dem inneren Triebe, sondern nur der äusseren Nothwendigkeit gehorchte, das bewies die Haltung, welche man gegen die beiden Mitverbündeten, Preussen und Dänemark, beobachtete.

  1. Nur mit Bedauern haben wir darauf verzichtet, hier des Weiteren die rastlose Thätigkeit zu schildern, welche von der Europäischen Diplomatie in jenen kritischen Tagen behufs Verhinderung bezw. Herbeiführung einer Nordischen Krisis entfaltet wurde. Eine ebenso ausführliche wie lichtvolle Darstellung bei Hjelt S. 142–93. Werthvolle Angaben auch bei Odhner I, 214–35 u. Tegnér S. 178–229.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 140. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_08_140.jpg&oldid=- (Version vom 13.9.2022)