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Reichsgut zurückzubringen, und Städte und Ritterschaft an sich zu ziehen. Seine Ohnmacht liess es nicht zur Ausführung dieser Pläne kommen, bedrohlich aber erschien er den Kurfürsten immer. Sie hätten ihm gewiss gern das Schicksal seines Bruders bereitet, doch es fehlte an einem Prätendenten, der die schwere Last auf sich zu nehmen Lust bezeigte, wie damals Pfalzgraf Ruprecht. Sigmund war zudem kein Wenzel und Konrad von Mainz kein Erzbischof Johann. Das Streben des Kurfürstenstandes nach Erweiterung seiner Gerechtsame auf Kosten der monarchischen Gewalt war ein so natürliches, in den Verhältnissen begründetes, dass ein Bund, der alle in so seltener augenblicklicher Einhelligkeit vereinte, selbstverständlich dieses Streben zum Ausdruck bringen musste, ohne dass es dazu fein durchdachter, theoretischer Erwägungen bedurfte.

Markgraf Friedrich hat mit rücksichtsloser Klarheit die Consequenz der Lage gezogen, wenn er Sigmund erklärt, er sei den Kurfürsten, seinen Herren, zu demüthigem Gehorsam verpflichtet[1], und in seiner Botschaft an den Polenkönig den Reichsstädten dieselbe Auffassung andichtet[2]. Beide Male aber nicht als überzeugter Vertreter einer grossen fruchtbaren Idee, sondern um Sigmund gegenüber die Verantwortung von sich abzuwälzen, und den Deutschen König, seinen Gegner, in den Augen des Polenkönigs herabzusetzen. Das waren kleine Kriegslisten. Doch diese Sprache bewies, wohin ein solcher Bund, wenn eine feste Hand ihn regierte, führen konnte. Sigmund’s Zorn war daher wohl berechtigt.

Man kann ihm, trotz der hohen Meinung, die er von seiner Stellung hatte, nicht nachsagen, dass er die berechtigte Theilnahme der Kurfürsten an den Reichsangelegenheiten beschränkt habe, er hat ihnen sogar mehr als einmal die umfassendsten Vollmachten ertheilt, ihnen völlig freie Hand gelassen, an seiner Stelle zu wirken. Allen Bündnissbestrebungen aber stellte er sich consequent entgegen. Die Erinnerung an Wenzel’s Sturz liess ihn begreiflicherweise nichts Gutes von solchen Umtrieben erwarten. Besonders gefährlich musste ihm die Vereinigung des Jahres 1424 erscheinen, als er sah, dass sie nicht nur die Rheinischen Herren, sondern auch den Markgrafen und den Herzog

  1. RTA VIII, Nr. 360, S. 425 f.
  2. Ebenda S. 427.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 211. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_08_224.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)