Seite:De DZfG 1892 08 274.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

entsagen; gradatim in vier „Staffeln“ durften seine Gesandten auf dem Congresse die kaiserliche Nachgiebigkeit zeigen[1]; was jedoch Karl VI. bereits für äusserste Nachgiebigkeit ansah, erschien den fremden Höfen als „prétensions ridicules“[2]. Und obwohl die Englischen Minister keineswegs milde oder gerechte Beurtheiler der kaiserlichen Politik waren, so darf man diesen Ausdruck doch nicht als übertrieben bezeichnen, denn jene Forderungen, die auf den Haager Präliminarien von 1709 fussten, waren in dem Augenblicke nicht mehr realisirbar, als die Einigkeit der Alliirten gesprengt war und die Seemächte auf eigenen Wegen zum Frieden wandelten. Das Einvernehmen zwischen den Höfen von Windsor und Versailles wuchs täglich mehr – auf Differenzen einzugehen, die sich über die Frage der Verzichtleistung auf die Spanische Krone, über die Fragen des Savoyischen und Baierischen Interesses erhoben, ist nicht hier der Platz: genug, sie wurden ausgeglichen; die Generalstaaten leisteten Gefolgschaft, und im Herbste 1712 konnte der Wiener Hof ab völlig isolirt gelten. Alle seine Bemühungen, die Verbündeten zur Vertragstreue anzuhalten, waren vergeblich gebliehen, so die Sendung Prinz Eugen’s nach London; als Täuschung erwies sich auch die durch den Grafen Oxford im Sommer 1712 gemachte Anknüpfung zwischen England und dem Kaiser, zu deren Entwicklung der Freiherr von Hohendorff in geheimer Mission über den Canal geschickt worden. Alle „sentiments“, wie sie noch Ende Juni der Hofkanzler Graf Sinzendorf in einer ausführlichen Eingabe an die hochmögenden Herren äussern mochte[3], waren als durchaus unzeitgemäss zu erachten.

Der Kaiser hatte in wichtigen, erregten Konferenzen in Pressburg sich von seinen Ministem endlich überzeugen lassen müssen, dass man in der Nachgiebigkeit noch viel weiter zu gehen habe, als bisher. Sinzendorf erhielt Vollmacht, weitere Concessionen zu machen. Aber immer noch zu wenig. Neue Versuche, die Londoner und Haager massgebenden Kreise zur

  1. Diese Einleitung beruht passim auf des Verf. „Der Friede von Utrecht“. Verhandlungen zwischen England, Frankreich, dem Kaiser und den Generalstaaten 1710–13. Gotha, Perthes 1891. Die Instruction für die kaiserl. Gesandten befindet sich ebenda abgedruckt, Anhang II.
  2. Des Grafen von Oxford Worte.
  3. Lamberty VII, 150.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 261. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_08_274.jpg&oldid=- (Version vom 8.3.2023)