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vorzüglichen Baustein zu einer solchen Mommsen in seinen Ostgotischen Studien[1] geliefert. Mommsen ist wie kein anderer zu solchen Arbeiten berufen; denn Byzantinische verfassungsgeschichtliche Arbeiten setzen eine gründliche Kenntniss der Geschichte des Römischen Rechts und Staatsrechts voraus. Die Arbeit handelt über die Consulardatirung des getheilten Reiches. Die Consuln sind nach Mommsen immer Beamte des Gesammtreiches, von dem Kaiser oder den Kaisern ernannt, und zwar bis zum Zusammenbruche des Westreichs. Vom 5. Jahrhundert ab ist die successive Publication der Consuln die Regel; in Italien wird nie, weder unter Odovaker noch unter den Gothenkönigen, unter denen die Consulpaare regelmässig getheilt ernannt werden, nach den Jahren der Herrscher datirt, auf die das Recht der Consularernennung für das Gesammtreich überging, soweit sie dem Kaiser des Occidents zugestanden. Die aus einseitiger Ernennung hervorgegangenen Consulpaare gehören mit einer Ausnahme Ostrom an. Theodorich bestritt die Legitimität der Consuln des Ostreichs nie, wie man auch dort fast immer die westlichen Consuln publicirte. – Fast gleichzeitig mit den Arbeiten von Diehl und Hartmann über die Byzantinische Verwaltung seit den Zeiten Justinian’s bis zum Beginn der Langobardenherrschaft und unabhängig von diesen erschien eine Dissertation von Hugo Cohn, welche die Stellung der Exarchen von Ravenna zur Provinzialverwaltung im allgemeinen, den Exarchen in seinem Verhältniss zur Stadt und Provinz Ravenna und zu den Venetianischen Inseln, zum Papstthum und zu Rom ausführlich erörtert[2]. – Die ältere Papstgeschichte, die in dieser Dissertation vielfach mit berührt wird, in ihrem Verhältniss zu Byzanz hat einen zweiten Bearbeiter in P. Conrad gefunden, welcher den Dreikapitelstreit behandelt[3].

Die neuerdings durch V. Sardou wieder allgemein ins Gedächtniss gerufene fragwürdige und viel umstrittene Gestalt der Kaiserin Theodora behandelt ein Buch von Henri Houssaye, das schon in 5. Auflage erschienen ist[4]. Es ist lediglich ein Essay, geschrieben für den prickelnden Geschmack eines grösseren Publicums, das den Geruch der Studirlampe scheut. Ohne tieferen wissenschaftlichen Werth, wirft es sich bald für, bald gegen die Glaubwürdigkeit des

  1. Vgl. Bibliogr. ’89, 2011 u. 4639.
  2. Vgl. Bibliogr. ’90, 92. Der erste Theil der Diss. ist in Folge der mittlerweile erschienenen Arbeit D’s. und H’s. nicht gedruckt worden. Leider verbietet der Raum, auf Cohn’s Studie näher einzugehen.
  3. Vgl. Bibliogr. ’92, 238.
  4. Aspasie, Cléopâtre, Théodora. Paris, 1890. 318 p.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 313. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_08_326.jpg&oldid=- (Version vom 7.3.2023)