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seine Gattin zu seinen Erben und Nachfolgern im Römischen Kaiserreiche eingesetzt habe. Der Griechische Kaiser, hocherfreut über den glücklichen Ausgang des seltsamen schmerzlichen Abenteuers, setzt den Constantin zu seinem Erben und Nachfolger im Griechischen Reiche ein und sendet auch seinerseits eine Gesandtschaft an Constantius, um ihm dies anzuzeigen. Mit grosser Pracht wird nun zum zweiten Male die Hochzeit des Constantin mit der Tochter des Griechischen Kaisers gefeiert. Bei dieser Gelegenheit werden die Decrete veröffentlicht, welche den Constantin zum Erben beider Kaiserreiche erklären. –

In diesem „Lateinischen Constantinroman“, wie das Werkchen meines Unbekannten gewöhnlich genannt wird, zerfällt das ganze Römische Reich in zwei Theile, den einen Theil unter Constantius mit der Residenzstadt Rom, den andern unter dem Griechischen Kaiser in Constantinopel. Der Name dieses „imperator Graecorum“ wird nirgends angegeben. Es kann aber nur Galerius gemeint sein. Denn nach der Abdankung des Diocletian und Maximian 305 war das Reich zwischen Constantius und Galerius getheilt bis zu dem schon 306 erfolgten Tode des Ersteren. Allein die Anreihung aller übrigen Begebenheiten an diese noch nicht zweijährige Doppelherrschaft ist chronologisch falsch, da die Geburt und Jugendgeschichte Constantin’s des Grossen vorausliegt, Letztgenannter im Jahre 306 schon 32 Jahr alt war.

Von einer Vermählung Constantin’s mit einer Tochter des Galerius weiss die Geschichte durchaus nichts. Aber auch auf seine Ehe mit Fausta, der Tochter Maximian’s, passen die Heirathsgeschichten des libellus de Constantino nicht, da Maximian nicht „Griechischer Kaiser“, vielmehr der Schauplatz seiner Thaten der Westen des Reiches war, und da die Alleinherrschaft Constantin’s nicht auf einem Vermächtniss seines Schwiegervaters beruht, mit dem unser Roman schliesst[1].

  1. Hierüber und über das Folgende vergleiche die beiden gleichzeitig und unabhängig von einander entstandenen Abhandlungen von Coen, Di una leggenda relativa alla nascita e alla gioventù di Costantino Magno. Roma. 1882. 191 pagg. (Estratto dall’ Archivio della Società Romana di Storia Patria. Vol. IV e V) und von mir selbst: „Der libellus de Constantino Magno eiusque matre Helena und die übrigen Berichte über Constantin’s des Grossen Geburt und Jugend“, Archiv f. Lit.-Gesch. X, 319–363. Diese meine Abhandlung bietet zugleich die Nachweise und weiteren Ausführungen zu dem Vortrag: „Ueber einen neu gefundenen Roman von der
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1893, Seite 11. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1893_09_011.jpg&oldid=- (Version vom 18.3.2023)