Seite:De DZfG 1893 09 012.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Die Zeit der Abfassung des Büchleins wird dadurch angezeigt, dass die Turniere ganz in der Weise des späteren Mittelalters darin vorkommen. Als Erfinder dieser Kampfspiele wird der 1066 gestorbene Gaudfridus de Pruliaco, seines Namens der zweite, überliefert. Ehe aber die Art der Kampfspiele so bekannt ward, dass sie in einem Schriftchen von der Beschaffenheit des libellus de Constantino als allbekannt vorausgesetzt werden konnte, war wohl sicher das 11. Jahrhundert bereits zu Ende gegangen. Da nun die handschriftliche Ueberlieferung meines Unbekannten bis in’s 14. Jahrhundert zurückgeht, so ergibt sich für die Abfassung des Büchleins die Zeit vom 12. bis 14. Jahrhundert. Man hat zwar versucht[1], die Zeit der Abfassung auf Grund der im Werkchen vorkommenden Gebräuche der höfischen Epoche noch genauer auf die Zeit zwischen 1180 und 1220 einzuschränken; allein da einzelne dieser höfischen Sitten diese Zeit überdauert haben, so ist es richtiger, an der von mir gegebenen unbestimmteren Datirung festzuhalten[2].

Was den Verfasser des libellus de Constantino betrifft, so ist über seinen Namen auch nicht die geringste Andeutung überliefert und auch über seine persönlichen Eigenschaften kann nur das Wenige beigebracht werden, was er selbst bei seiner Arbeit verräth. Nach der Sprache aber seines Werkchens muss er dem geistlichen Stande angehört haben. Denn wir finden in demselben eine grosse Anzahl von Wörtern und Wendungen, die im Kirchenlatein entweder ausschliesslich oder doch sehr häufig vorkommen. Ja es ist ausser Zweifel, dass der Verfasser gewisse Abschnitte der Lateinischen Bibelübersetzung geradezu als Vorbilder benutzte. Es sind dies die Geschichte von Tobias und die Historien von Daniel in der Löwengrube und der keuschen Susanna. Dass er gerade diese Abschnitte gewählt hat, dafür ist der Grund darin zu suchen, dass sie gewisse Züge mit seinem

    Jugendgeschichte Constantin’s des Grossen und von der Kaiserin Helena“, welchen ich in der Versammlung deutscher Philologen und Schulmänner zu Trier gehalten habe, abgedruckt in den Verhandlungen dieser Versammlung S. 177 ff. und in der Zeitschrift f. d. Gymnasialwesen XXXIV (1880), S. 271 ff.

  1. Sprenger in Philol. Rundschau I, 214 ff.
  2. Vgl. auch Dietrich König in Mittheilungen aus der histor. Literatur IX. Jahrg. (1881), S. 323 f.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1893, Seite 12. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1893_09_012.jpg&oldid=- (Version vom 18.3.2023)