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geschriebenen Brief unterschiebt; in diesem wird dem kaiserlichen Castellan anbefohlen, den angekommenen Jüngling mit der Kaiserstochter zu vermählen, was auch sogleich geschieht. Als der Kaiser nach geschehener Hochzeit erscheint, sieht er ein, dass gegen die Beschlüsse der Vorsehung nichts auszurichten sei. Nach seinem Tode folgt ihm sein Schwiegersohn Coustant auf dem Thron; Constantin war dessen Sohn; Byzanz ward aber Constantinopel genannt „pour son père Coustant qui tant cousta“.

Fast ganz dieselbe Geschichte kehrt in einer versificirten Bearbeitung einer Kopenhagener Handschrift wieder, welche von Wesselofsky herausgegeben ist[1] und den Titel führt: „li dit de l’empereour Coustant“. Auch der Held dieser 630 Altfranzösischen Verse ist Coustant. Dass darunter nur Constantin, der Sohn der heiligen Helena, verstanden werden kann, geht schon daraus hervor, dass dieser Name Coustant mit der Benennung von Constantinopel in Zusammenhang gebracht wird:

Pour ce que si nobles estoit
Et que nobles oevres faisoit
L’appielloient Coustant le noble
Et pour çou ot Coustantinoble
Li cytés de Bissence a non.

Zu den geringfügigen Unterschieden der beiden Erzählungen gehört, dass im Dit de l’empereour Coustant der Abt nicht 80 statt 100 Goldstücke, sondern 100 anstatt 200 erhält. Daran knüpft sich dann dieselbe Etymologie, wie in der Prosaerzählung:

Et pour çou qu’il ot cousté tant
Li missent il à non Coustant.

Die Sage, welche in diesen beiden Altfranzösischen Erzählungen vorliegt, ist eine weitverbreitete[2]. Ihr Vorkommen im Arabischen[3] und Indischen[4] beweist den Orientalischen Ursprung; sie findet sich aber auch in Deutschen[5], Norwegischen[6], Dänischen[7]

  1. Romania VI, 162 ff.
  2. Wesselofsky in Romania VI, 171 ff.
  3. Galland, Nouvelle suite de mille et une nuit, contes arabes II, 172 ff.; Cardonne, Mélanges de littérature orientale II, 69 ff.
  4. Weber, Ueber eine Episode im Jaîmini-Bhârata. Monatsberr. d. kgl. Preuss. Akad. d. Wiss. 1869. p. 14 ff.
  5. Gebr. Grimm, Kinder- und Hausmärchen Nr. 29; Pröhle, Märchen f. d. Jugend Nr. 8; Meier, Deutsche Volksm. aus Schwaben Nr. 79.
  6. Asbjörnsen und Moe, Norske Folk Eventyr. 3. Ausg. Nr. 5 (Deutsche Uebersetzung von Bresemann. Berlin 1847. I, 29).
  7. Grundtvig,
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1893, Seite 25. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1893_09_025.jpg&oldid=- (Version vom 18.3.2023)