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In der Datumszeile heissen die Gesetzgeber „electi consules in arte di mare“, so ist auch das eine irreführende Ungenauigkeit; das Lateinische Wort für Consuln ist an dieser Stelle ebensowenig wie an irgend einer anderen Stelle des Textes gebraucht; der Text ist, von dem Datum selbst abgesehen, durchweg Italienisch.

Und was wir zunächst aus der sachlich falschen Angabe der Aufschrift und des Schlussvermerkes erschlossen haben, wird durch eine Betrachtung der Statuten von Fermo selbst durchaus bestätigt. Dem Seestatut von Trani gehen unmittelbar unter der Lateinischen Aufschrift „Capitula edita super foro et nundinis magnif. Civitatis Firmi etc.“ Verordnungen in Italienischer Sprache vorher: „Prima, che ’l luogo dove si debbia fare la fiera etc.“. Endlich: in den Drucken des 16. Jahrhunderts folgt den Ordinamenta Maris von Trani noch das Havereirecht von Ancona[1]. Und merkwürdig: wie jene ist auch dieses in Italienischer Sprache verfasst und trägt dabei wie sie eine Lateinische Aufschrift: „Ordo, consuetudo et jus Varehae secundum Anconitanos“ – wird man vielleicht auch diese Aufschriften als den Rest eines in Lateinischer Sprache geschriebenen Originals auffassen wollen?

Muss man nun aber die Annahme eines Lateinischen Originals für das Seestatut von Trani fallen lassen, so entfällt damit schon jede äussere Möglichkeit, dies Italienisch abgefasste Statut im 11. Jahrhundert entstanden sein zu lassen, und wie das 11., so kann auch das 12. und das 13. Jahrhundert als Entstehungszeit desselben überhaupt nicht mehr in Betracht kommen.

Im Zusammenhange mit dieser Erörterung sei nun gleich ein zweiter wichtiger Punkt hervorgehoben. Manche der Anhänger des Jahres 1063 scheinen anzunehmen, dass die Verbindung, in der das Seestatut von Trani mit den Statuten von Fermo uns erhalten ist, eine zufällige sei, dass vielleicht irgend ein antiquarisches Interesse die Veranlassung dazu gegeben habe, dem Drucke dieser Statuten von 1507 jenes alte Seerecht von Trani anhangsweise beizufügen, – ich glaube sogar, dass mancher sich die Sache so vorgestellt hat, als sei dieses Seerecht dem Druck der Statuten nur äusserlich angeschlossen.

Das wird nun freilich schon dadurch widerlegt, dass sich

  1. Vgl. Travers Twiss a. a. O. IV, 522 not. 1.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1893, Seite 229. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1893_09_229.jpg&oldid=- (Version vom 29.3.2023)