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Uebertreibungen und Einseitigkeiten nachzuweisen; in solchen Fällen widerspricht er sich nämlich zuweilen selbst. Zweitens, Victor wird mitunter durch den Vergleich seiner bezüglichen Aeusserungen mit authentischem Quellenmaterial, z. B. mit Concilacten, des Irrthums überführt.

Schwieriger ist die Detailkritik für die Zeiten Geiserich’s, da uns hierfür zur Controle, abgesehen von der weiter unten zu besprechenden „Notitia episcoporum“ etc., im Grunde gar keine officiellen Dokumente, vor allem keine Concilacten, zur Verfügung stehen. Andererseits ist hervorzuheben, dass erstens auch hier innere Widersprüche des Autors den wahren Thatbestand ermitteln helfen, und dass zweitens einzelne bessere Byzantiner, wie z. B. Malchus, sich zur Prüfung der Mittheilungen Victor’s vortrefflich verwerthen lassen. Die Schilderung der Geiserich-Verfolgung erscheint auch insofern als der schwächere Theil des Buches, als hier die Chronologie oder genauer die richtige chronologische Aufeinanderfolge der betreffenden Ereignisse vielfach zu wenig Berücksichtigung gefunden hat[1].

Eine knappe Darlegung der Abfassungszeit der Schrift des Vitensers dürfte um so eher hier am Platze sein, als diese chronologische Streitfrage über den unmittelbaren Gegenstand hinaus keineswegs bedeutungslos ist.

Victor selbst bietet vier Zeitmerkmale:

1. Aus V, c. 6, bezw. III, c. 30 (Schlusssatz), einer in diesem Zusammenhang stets übersehenen Stelle, erhellt, dass der Autor sein Opus nicht vor dem Ableben des Kaisers Zeno († 491) vollendet hat.

2. I, c. 1 heisst es: „Sexagesimus nunc – – – agitur annus ex eo, quo populus crudelis ac saevus Vandalicae gentis Africae miserabilis attigit fines“.

3. Die durch Hunerich veranlasste Katholikenverfolgung ist zur Zeit, wo Victor schrieb, wenigstens noch nicht ganz erloschen;

  1. Richtig urtheilen über Vict. Vit. als geschichtliche Quelle A. Ebert a. a. O. p. 457 f., Teuffel u. Schwabe a. a. O., Pötzsch p. XL–XLII, Dräseke a. a. O., zumal p. 19 u. Anm. 2 das. Auler (Victor von Vita, Histor. Untersuchungen Arnold Schäfer – – – gewidmet, Bonn 1882, p. 252–275), der überhaupt in der Ehrenrettung eines Geiserich zu viel thut, behandelt von seinem hyperkritischen Standpunkt aus unseren Vitenser verächtlich, was u. a. Pötzsch u. Dräseke mit Fug schon gerügt haben.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1893, Seite 20. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1893_10_020.jpg&oldid=- (Version vom 5.4.2023)