Seite:De DZfG 1893 10 045.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.

Zwischen 477 und 481 begnügte sich der König damit, bloss die Manichäer, diese freilich in unerhört grausamer Verfolgung, seinen Arianischen Fanatismus empfinden zu lassen (Victor Vit. II c. 1 bezw. II c. 1. 21). An sich freilich kann es nicht auffallen. Denn zunächst galt diese Secte der überwiegenden Mehrzahl der Römer und Germanen als staatsgefährlich; hauptsächlich desshalb, weil man ihre strenge Askese, z. B. das Fasten am Sonntag, und die geheimen Zusammenkünfte missdeutete, hielt man die Manichäer für hervorragend unsittlich, auch standen sie in dringendem Verdacht communistischer Bestrebungen. Sodann war diese ursprünglich Orientalische Secte nirgends im Abendland so verbreitet, als eben in der Provinz Afrika. Aus beiden Gründen haben denn auch Römische wie Germanische Fürsten, heidnische wie christliche Herrscher, katholische wie Arianische Monarchen in Massregelung der Manichäer gewetteifert[1]: Ein Diocletian eröffnet den Reigen der Manichäerverfolger durch sein drakonisches, an den Proconsul Julian von Afrika gerichtetes Edict vom 31. März 287 (abgedruckt bei Gieseler, K.-G. I, p. 311), worin er befiehlt, die Vorsteher der Secte mit ihren Schriften zu verbrennen, die hartnäckigen Anhänger mit dem Schwerte hinzurichten, die Vornehmen unter ihnen in die Bergwerke zu schicken und ihre Güter einzuziehen[2]. Selbst ein Valentinian I., sonst das Muster hochherziger Duldung, obgleich eifriger Katholik[3], schritt durch die Verfügung vom Jahre 372, freilich weit weniger energisch als sein heidnischer Vorgänger, gegen die angeblich communistische Secte ein. Mehr Schwierigkeiten legte natürlich der fromme Theodosius I., der unerbittliche Verfolger aller

  1. Vgl. C. Kessler, Art. Mani und Manichäer, Real-Encyklop. f. protest. Theol., 2. A., Bd. IX, Leipzig 1881, p. 223–259 und G. F. S. Art. „Manicheans“ im „Dictionary of christian biography“ etc., vol. III, London 1882, S. 795 B–801 B.
  2. Ich halte dieses Diocletianische Edict, „dessen Echtheit allerdings nicht unbestritten ist“ (Kessler a. a. O. p. 254), im wesentlichen für authentisch: Eine aus dem feindlichen Persien stammende Secte, die noch dazu im Verdacht ungeheuerlicher Unzucht und communistischer Tendenzen stand, musste dem conservativen, jede neue Religion beargwöhnenden, Diocletian erst recht ein Dorn im Auge sein.
  3. Vgl. Amm. Marc. XXX c. 9 [medius inter religionum diversitates stetit] mit Socrat. hist. eccl. IV c. 1 u. Sozom. hist. eccl. VI c. 6.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1893, Seite 45. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1893_10_045.jpg&oldid=- (Version vom 6.4.2023)