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geltendes Recht, das Lefort[1] einer wissenschaftlichen Untersuchung unterzogen hat. Dieses Recht besteht in einem Pachtvertrag, dessen Eigenthümlichkeit darauf beruht, dass er nicht auf Zeit abgeschlossen, sondern ein immerwährender ist und dass der Verpächter dem Pächter nicht aufkündigen kann. Letzterer, kraft seines Contractes sogen. Untereigenthümer des Grundstückes, kann vielmehr über sein Pachtrecht frei verfügen, ohne der Zustimmung des wirklichen Besitzers, des Obereigenthümers, zu bedürfen. Unbekannten Ursprungs und von der officiellen juristischen Literatur lebhaft angefochten, wird das Recht doch noch in einigen Bezirken der Picardie geübt, und die Rechtsprechung war bis jetzt noch nicht im Stande, es zu beseitigen. – Wir besitzen alte Sammlungen gerichtlicher Entscheidungen, die von hohem Werthe für die Geschichte des Rechts und der Rechtswissenschaft sind. Fagniez[2] hat eine solche Sammlung aus dem 15. Jahrhundert untersucht, die ausschliesslich aus den Registern des Châtelet de Paris schöpft; sie ist eine Quelle ersten Ranges für die Geschichte der alten Coutume de Paris vor ihrer schriftlichen Redaction.

Von Abhandlungen specielleren Inhalts sind folgende zu erwähnen:

Froidevaux, ein Schüler von Fustel de Coulange, hat in einer Dissertation die Lex Francorum Chamavorum behandelt[3] und darin gewisse Theorien seines berühmten Lehrers aufs Neue vertreten. Der 1. Abschnitt, der das Gesetz selbst vom juristischen Standpunkt aus untersucht, bringt am meisten Neues. In der Frage der Entstehung folgt der Autor Sohm, er sieht in der Lex eine im Jahre 802 oder 803 aufgezeichnete Unterweisung über die Gewohnheitsrechte des Amorgaus, in dem er das Hamaland, also einen Theil des früher von den Chamav. Franken bewohnten Gebietes erkennt.

Die Beantwortung der interessanten Frage, wie und warum Rechtsgelehrte im 14. Jahrhundert zur Zeit der Thronstreitigkeiten zwischen Frankreich und England dazu gekommen sind, sich auf die Lex Salica zu berufen, haben in neuester Zeit zwei Gelehrte versucht. Viollet in einem Vortrag, den er in der Académie des inscriptions gehalten hat[4], und G. Monod in der Revue Critique[5]. Beide sind zu demselben Resultat gelangt. Erst seit der Regierung Charles’ V.

  1. J. Lefort, La condition de la propriété dans le nord de la France: le droit de marché. Paris, Thorin. 232 p. 5 fr.
  2. Mémoires de la société de Paris XVII.
  3. Vgl. Bibliogr. ’92, 210 a.
  4. Vgl. Bibliogr. ’93, 240 f.
  5. 1892, Nr. 52.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1893, Seite 134. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1893_10_134.jpg&oldid=- (Version vom 15.4.2023)