Seite:De DZfG 1893 10 136.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.

gelungen, mehrere bisher dunkel gebliebene Punkte aufzuhellen; er bringt annehmbare Vorschläge zur Lösung vieler derartiger kleiner Räthsel und beurtheilt in treffender Weise die Werke seiner Vorgänger.

4. Universitätsgeschichte. Von M. Fournier’s Statuten der Französischen Universitäten im MA[1] ist soeben der dritte und letzte Band erschienen. Der Herausgeber hat auf diesen Band, der die Universitäten des 15. Jahrhunderts behandelt, etwas mehr Sorgfalt als auf die vorangehenden verwandt, aber von Vollkommenheit ist, wie man zugeben muss, diese breit angelegte Arbeit weit entfernt. H. Denifle[2] und E. Châtelain, die auf dem gleichen Gebiete wie Fournier thätig sind, haben ohne Mühe seine recht unvorsichtigen Angriffe zurückweisen können, und sie haben gezeigt, dass, wenn auch ihr vorzügliches Urkundenbuch der Pariser Universität einen oder den anderen Fehler aufweist, doch unzählige ungleich gröbere Irrthümer sich in Fournier’s Arbeit finden.

5. Zur Sittengeschichte sind einige interessante Arbeiten zu erwähnen: ein Aufsatz von G. Bapst über die geistlichen Schauspiele des Mittelalters[3], aus dem wir ersehen, welchen Platz diese Volksvorstellungen in den öffentlichen Vergnügungen des 15. und 16. Jahrhunderts einnahmen; die von J. Pichon und G. Vicaire besorgte Publication eines „Viandier“, das von Guillaume Tirel gen. Taillevent[4], dem Küchenchef Karls V. und Karls VI., herrührt und interessante Einzelheiten über eine ganze sehr merkwürdige Seite des socialen Lebens bietet; dann noch eine von A. Longnon als Einleitung zu den Oeuvres complètes de Villon[5] geschriebene vollständige Biographie dieses grossen Dichters, des zeitlich ersten unter den Schriftstellern der Bohème; endlich die sehr bemerkenswerthen, auf ungedrucktem Material beruhenden Untersuchungen M. Schwob’s über den Lebenswandel, den der Autor des Grand Testament in seinen ersten Jahren geführt hat[6]. – Von Lenient’s Buch über die patriotische Dichtung[7] kann man nicht rühmen,

  1. Vgl. Bibliogr. ’92, 1730.
  2. Vgl. Bibliogr. ’92, 1731.
  3. Vgl. Bibliogr. ’92, 1897 b.
  4. J. Pichon et G. Vicaire, Le Viandier de Guillaume Tirel, dit Taillevent, enfant de cuisine de la reine Jehanne d’Evreux etc. (1326–1395). Paris, Leclerc & C. lxviij 180 p. 25 fr.
  5. Oeuvres complètes de F. Villon, publ. par A. Longnon. Paris, Lemerre, cxij 371 p. 10 fr.
  6. R 2 Mondes v. 15. Juli 1892.
  7. C. Lenient, La poésie patriotique en France au moyen-âge. Paris, Hachette. xx 459 p. 3 fr. 50.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1893, Seite 136. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1893_10_136.jpg&oldid=- (Version vom 15.4.2023)