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Philipp von Mézières zum Verfasser haben, diese räthselhafte, von den Burgundischen Geschichtschreibern des 15. Jahrhunderts so grausam verleumdete Persönlichkeit, die noch nicht der Gegenstand einer ausführlichen Biographie gewesen ist. Die Sammlung ist unter den Augen Philipp’s selbst angelegt, und sie liefert viele eigenartige Aufschlüsse über die kirchliche Entwicklung und die Europäische Politik in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts. – De La Borderie hat einige Details über das Ende der berühmten Johanna von Montfort zusammengestellt[1], der wohlbekannten Heldin, die um 1343 wahnsinnig wurde und ihre letzten Lebensjahre in England zubrachte, wo sie zwischen 1370 und 1377 starb.

Die neuen kritischen Untersuchungen von Leroux über die politischen Beziehungen zwischen Frankreich und Deutschland von 1378–1461[2] bilden einen wichtigen Beitrag zur Geschichte der Europäischen Diplomatie während dieser langen Periode; der Verfasser schreibt in der Provinz, aber er hat lange in Deutschland gearbeitet und beherrscht die ganze Literatur über den Stoff vorzüglich. Dieser letztere ist wenig anziehend, denn bis auf Karl VII. findet man keinen Fürsten, der klare politische Anschauungen hätte, und die Geschichte kann nur unerklärliche Schwankungen in der Politik aller dieser Herrscher verzeichnen. Man muss es Leroux um so mehr Dank wissen, dass er es versuchte, in dieses Chaos ein wenig Ordnung zu bringen. – Noël Valois erforscht in einer besonderen Abhandlung[3] eine der Episoden aus den Beziehungen der beiden Länder, die Gesandtschaft, die Wenzel im Jahre 1381 an Karl VI. schickte, um ihn zu veranlassen, die Sache Clemens’ VII. aufzugeben. – Derselbe Forscher sucht nachzuweisen[4], aus welchen persönlichen Gründen Ludwig von Anjou, der vorübergehend einen überwiegenden Einfluss auf seinen Neffen ausübte, der Partei des Avignonesischen Papstes ergeben war. – Endlich behandelt Jarry in einer umfangreichen Abhandlung[5] die „Voie de fait“, den Plan eines Kriegszuges, den die Parteigänger Clemens’ VII. kurze Zeit hegten, um Clemens in Rom einzusetzen, ein Plan, der eine gewaltsame Einmischung in die Italienischen Verhältnisse bedeutet hätte. – Frankreich beschäftigt sich auch sonst, mehr als für seine eigene Ruhe gut ist, mit den Italienischen Angelegenheiten,

  1. Acad. des inscrr. 1892 Juni 26. Vgl. DZG VIII E 139.
  2. Vgl. Bibliogr. ’92, 403 und DZG VIII E 152.
  3. Vgl. Bibliogr. ’93, 373 i und DZG VIII E 153.
  4. Vgl. Bibliogr. ’92, 460 f.
  5. Vgl. Bibliogr. ’93, 373 b und DZG VIII E 151.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1893, Seite 149. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1893_10_149.jpg&oldid=- (Version vom 17.4.2023)