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ist das ganze grosse Fach vollständig verwaist, wenn man davon absieht, dass der Geograph Prof. Oberhummer nebenbei gewisse Zweige der alten Geschichte behandelt. Es tritt damit ein wahrer Nothstand schroff hervor, der aber auch früher schon bestanden hat; denn auch zu Schöll’s Lebzeiten ist Römische Geschichte in München nie gelesen worden, für eine der grössten Deutschen Universitäten gewiss ein unhaltbarer Zustand.

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Auch für uns Historiker hat es bei der nahen Berührung unserer Studien mit Wirthschaftskunde und Wirthschaftsgeschichte ein gewisses Interesse, dass in Münster die bisherige Professur für Nationalökonomie unter dem Namen einer Professur für Pastoraltheologie und Socialpolitik aus der philosophischen in die theologische Facultät übertragen und dem Abgeordneten Hitze verliehen worden ist. Diese Confessionalisirung der Nationalökonomie hat doch noch als eine Ueberraschung gewirkt, während wir an die Vorherrschaft confessioneller Gesichtspunkte bei Besetzung geschichtlicher Professuren längst gewöhnt sind. Auch hier aber macht die Confessionalisirung, wie es scheint, Fortschritte. Es würde lohnen, auf diese Verhältnisse einmal einzugehen.

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Wie an den Universitäten confessionelle Tendenzen im Vordringen begriffen sind, so wurde für die Gymnasien und andere Mittelschulen die strenge Durchführung des confessionellen Princips besds. auch in Bezug auf den Geschichtsunterricht durch einen Redner des letzten Katholikentages wieder einmal gefordert, – im geraden Gegensatz zu einer These, die auf dem Historikertag d. J. beantragt war, und zu den Anschauungen, die dort unter den Fachgenossen vorherrschend schienen.

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Der fördernde Gönner, zugleich aber auch der Concurrent der Kirche bei diesem Bestreben, die Schule und speciell den Geschichtsunterricht in ihrem Sinne zu beeinflussen, ist der Staat. Betr. den Geschichtsunterricht in den Preussischen Volksschulen ist ein Erlass des Cultusministeriums erschienen, worin Befriedigung über die seit der allgem. Verfügung vom 18. Oct. 1890 gemachten Fortschritte ausgesprochen, dann weiter aber darauf gedrungen wird, dass die neuere vaterländ. Geschichte stärker gepflegt werde und dass besonders der Schüler „ein klares und volles Bild von der Sorge erhalte, die der Grosse Kurfürst und die Preuss. Könige der Förderung des Volkswohles zugewendet haben“, ebenso auch von den Zeiten, in denen die Preuss. Könige „dem Dt. Reiche seine Einheit wiedergewonnen haben“.

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Zu den Archäolog. Cursen und Studienreisen, von denen im vorigen Heft die Rede war, ist nachzutragen, dass auch im Kgr. Sachsen seit Ostern 1892 solche Feriencurse für Gymn.-Lehrer eingerichtet sind. Sie werden in den Räumen der Albertina in Dresden von Dir. Prof. Dr. Treu, mit Unterstützung durch Dr. Hermann, abgehalten. Ein Theilnehmer berichtet uns darüber, dass die Themata der Vorträge, Arbeiten der Deutschen in Olympia, der Griechen auf der Akropolis von Athen, Funde in Troja u. Pergamon u. s. f. den Bedürfnissen des Gymnasialunterrichtes angepasst waren, dass die Vorträge höchst anregend wirkten und dass eine Anzahl Sonderausstellungen sie erläutern halfen. Allen Gymnasien war Gelegenheit geboten, sich, soweit es der Raum gestattete, zu betheiligen.

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Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1893, Seite 180. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1893_10_180.jpg&oldid=- (Version vom 19.4.2023)