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wäre das Gegentheil möglich, da ein 14tägiger Aufenthalt sicher nicht hinreichend ist, um das Wahre in so feinen Nüancen, wie es die vorliegenden sind, stets richtig aufzufassen, und das Gute von Trug-Ansichten zu trennen? Von den letzteren wimmeln die Lebzelterischen Berichte; den grössten Beweis hiefür liefern die Widersprüche, welche in den verschiedenen Berichten selbst liegen, und nirgend genug gelöst erscheinen.

Die unverkennbarste Wahrheit liegt jedoch in dem Bericht Nr. 10. – Die Schweiz erwartet eine Operation von unserer Seite; diese Operation wird die grosse Mehrzahl als Theilnehmer finden; – Und in dieser Ansicht liegt die Nothwendigkeit eines grossen Entschlusses von unserer Seite; – dieser Entschluss kann, meines unmassgeblichen Erachtens, nur der folgende sein.

Die Schweiz ist nicht neutral, weil sie nicht independent ist.

Sie wird ihre Neutralität nie wieder behaupten können, bevor sie nicht wieder frei von direktem fremdem Einfluss da steht; hiezu gehört alles, was sie verloren hat: ihre alten Gränzen und ihre politische Unabhängigkeit von der Französischen konstitutionellen Unterwürfigkeit. Welche Pflichten Napoleon unter seinem Protektorat und Mediation versteht, ist kein Geheimniss.

Es widerstrebt den Grundsätzen Eurer Majestät, sich in die innern Angelegenheiten fremder Staaten zu mischen. Im vorliegenden Falle ist die Frage jedoch in einem ihrer wesentlichsten Grundbegriffe verschieden.

Nicht wir wollen uns in die Schweitzer Angelegenheiten mischen – wir müssen aber den Französischen Einfluss vertilgen, welcher sich mit allen inneren Verhältnissen der Schweitz verwebt hat. Wir müssen das Französische Gebäude stürzen, nicht um ein Oesterreichisches an seiner Stelle aufzuführen; – wir wollen die Freiheit der Schweitz neuerdings begründen.

Die Schweizer selbst müssen uns jedoch hiezu die Mittel bieten.

Die Tagsatzung der Schweiz hat ihre Neutralität den Mächten bekannt gemacht. Diese Neutralitätsacte hat Bern, der erste und wichtigste Kanton, nicht publizirt, also eben so gut als gesetzlich verworfen. Die Neutralitätsacte ist also bereits nun, wenn die ganze Idee der Schweizerischen Neutralität nicht an sich selbst illusorisch wäre, nicht einmal mehr eine Garantie für die Mächte.

Ich habe Anträge an den Landammann der Schweiz durch den Herrn v. Reding gelangen lassen, auf welche wir mit jeder Stunde Antwort erhalten müssen. Entweder ist sie auf den Vorschlag zum Allianzbeitritt beifällig oder nicht. Im ersten Falle sind alle Anstände gehoben. Im anderen Falle tritt die Berner Frage in die

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1893, Seite 265. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1893_10_265.jpg&oldid=- (Version vom 1.5.2023)