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im Jahre 1147 erhoben. Otto von Freising berichtet dies zum Frankfurter Reichstag vom 30. März 1147, indem er hinzufügt,

    Jahre später seine Vormünder entliess, wozu er rechtlich jederzeit befugt war (Kraut 1, S. 148), und wenn er dann binnen Jahr und Tag die Klage anstrengte mit der Begründung, dass er soeben erst aus der Vormundschaft entlassen sei, so konnte Otto von Freising hiervon sehr gut den Ausdruck brauchen: der „eben mannbar gewordene“ Sohn Heinrich’s des Stolzen. – Noch besser würde allerdings der Ausdruck Otto’s passen, wenn es sich nicht um die Beendigung einer selbstgewählten Vormundschaft, sondern um den Ablauf in Folge des gesetzlichen Mannbarkeitstermins handelte. Sie würde uns auf einen Grossjährigkeitstermin von 18 Jahren führen. Ein solcher kann in der That auf zweierlei Art in Betracht kommen. Einmal kennt das Schwäbische Recht den Mündigkeitstermin von 18 Jahren. Es ist nun ein ganz merkwürdiges Zusammentreffen, dass wir später nach der Aechtung Heinrich’s des Löwen hören, er habe die Rechtsgiltigkeit der Aechtung angefochten, weil dieselbe auf Schwäbischem Boden hätte stattfinden müssen, „dicens se de Suevia oriundum“. (Arnoldus Lub. II, 10; Mon. G. SS. 21, 133). Diese Rechtsauffassung ist insofern nicht ganz aus der Luft gegriffen, weil in der That nach älterer Deutscher Auffassung das Stammesrecht sich bestimmte nach dem Ort, wo das Stammgut des Geschlechtes lag, und dies war für alle Welfen Altdorf in Schwaben (Wackernagel, 2, S. 67 und Schröder, Rechtsgesch. S. 611, vgl. Franklin, Hofgericht, Ueber die Heimat nach altdeutschem Recht, insbesondere über das Hantgemal: Philol. und hist. Abh. der Berl. Akad. 1852, S. 67). Wenngleich ich in keiner Weise dafür eintreten will, dass diese Auffassung im 12. Jahrhundert rechtlich massgebend war, so würde doch jene Notiz Arnold’s verständlich werden, wenn wir in irgend welcher andern Beziehung sehen, dass das Welfengeschlecht Schwäbisches Recht beibehielt. – Allerdings ist man, wenn man den Termin von 18 Jahren als gesetzlichen Mündigkeitstermin Heinrich’s des Löwen betrachten will, nicht unbedingt genöthigt, ihn gerade aus dem Schwäbischen Recht abzuleiten. Der heute im Deutschen Privat-Fürstenrecht weitverbreitete Termin von 18 Jahren muss im 14. Jahrhundert bereits eine Art gemeines Fürstenrecht gewesen sein, da die Goldene Bulle ihn für alle Kurprinzen ohne Unterschied des Stammes festsetzt. Es ist kaum anders anzunehmen, als dass in den vorangegangenen Jahrhunderten dieser fürstliche Mündigkeitstermin sich allmählich gebildet habe. Die Herausbildung eines fürstlichen Mündigkeitstermins kann sich in der Weise vollzogen haben, dass es in den einzelnen Häusern üblich wurde, überall, wo das Recht die Verlängerung der Vormundschaft gestattete, von diesem Recht bis zum vollendeten 18. Lebensjahr und nicht länger Gebrauch zu machen. Da diese Frage bis jetzt noch nicht genügend untersucht ist, so lohnt es wohl, auf jeden einzelnen Fall fürstlicher Majorennität aufmerksam zu machen. Für die Frage aber, die uns hier beschäftigt, führen alle Eventualitäten zu demselben Ergebniss: dass Heinrich der Löwe im Jahre 1147, eben der Vormundschaft entwachsen, die Klage anstrengte.

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1893, Seite 272. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1893_10_272.jpg&oldid=- (Version vom 9.4.2023)