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Geduld reisst“, thut er nichts anderes, als neue Ausgleichsverhandlungen zu beginnen. – Die Hauptschwierigkeit, wieso nach dem Urtheil von Goslar der Streit noch jahrelang dauern konnte, hat Giesebrecht dadurch zu beseitigen gesucht, dass er das Urtheil eine „vorläufige Entscheidung“ nennt; aber im Satze darauf erklärt er sofort, dass nunmehr Heinrich der Löwe eine Anerkennung seines Erbrechts „erreicht“ habe. – Zu alledem kommt noch, dass der schliessliche Vergleich, wie Friedrich I. selbst ihn in dem Privileg für den Oesterreicher berichtet, ein Muster juristischer Correctheit ist und alle Rechtsformen mit einer Peinlichkeit wahrt, wie sie auch ein heutiger Notar nicht überbieten könnte. Es fällt uns also desto schwerer anzunehmen, dass er den vorangehenden Process in einer Weise geleitet haben soll, welche uns nicht sollte zur Klarheit darüber gelangen lassen, ob denn nun ein rechtskräftiges Erkenntniss, eine Belehnung, eine Besitzübertragung vorliegt oder nicht.


In der That ist eine solche Klarheit möglich, sobald wir jeden einzelnen Schritt der Verhandlungen juristisch fassen. So dürftig auch unsere Ueberlieferung ist, so genügt sie doch vollkommen, um in ihr den regulären und bis in’s Einzelne correcten Gang des Processes zu erkennen.

Otto von Freising berichtet über den Process der Jahre 1152/4 an folgenden drei Stellen.

(II, 7.) Rex ergo predictam litem iudicio vel consilio decisurus, utrique autumpnali tempore mense Octobri in civitate Herbipoli curiam prefigit; quo dum alter, id est Heinrici ducis filius, veniret, alter se absentaret, iterum et iterum vocatur.
(II, 9.) Ad predictam curiam [Wormatiae] prenominati duces ambo Heinrici, pro ducatu Norico, ut dictum est, contendentes, venerunt; sed, altero quod legittime vocatus non fuerit pretendente, debitum finem negotium ibi habere non potuit.
(II, 11.) Proximo dehinc mense Decembrio utrique duces Heinricus et itidem Heinricus iudicio principis in civitate Spira adsistunt; sed iterum altero de legittima se vocatione excusante, res protelatur – – –. Proinde in oppido Saxoniae Goslaria curiam celebrans, utrosque duces datis edictis evocavit.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1893, Seite 284. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1893_10_284.jpg&oldid=- (Version vom 10.4.2023)