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Ubi dum, altero veniente, alter se absentaret, iudicio principum alteri, id est Heinrico Saxoniae duci, Baioariae ducatus adiudicatur.

Knüpfen wir nun an den Stand des Processes an, wie wir ihn unter Konrad verlassen haben, so ist zunächst klar, dass es sich nur noch um einen Process Heinrich contra Heinrich handelt. Der König erscheint in keiner andern Rolle mehr, als in der des Gerichtshalters. Noch mehr als die hier gegebene Stelle bestätigt es der ganze Zusammenhang, in dem sie Otto vorbringt, und die längere Auseinandersetzung, die er daran knüpft. Friedrich hat also auf die Fortsetzung der Rolle des Gewährsmannes von vornherein verzichtet.

Der Gang des Processes, wie er Otto vorschwebt, ist der folgende. Friedrich lädt beide Parteien auf den Hoftag von Würzburg (1152, October). Da der Verklagte hier ausbleibt, wird er ein zweites und drittes Mal (iterum et iterum) geladen. Erst in dem dritten Termin (Worms 1153, Juni 7) erscheint der Verklagte, erhebt aber den Einwand, dass seine Ladung nicht rechtmässig erfolgt sei[1]. Der dritte Termin wird daher wiederholt (Speier 1153, December). Als der Verklagte hier von neuem behauptete, dass auch diese Ladung nicht rechtmässig erfolgt sei, wird der Termin noch ein drittes Mal wiederholt (Goslar 1154, Juni). Hier bleibt der Verklagte aus, und es ergeht ein Contumacialurtheil.

In Processen um liegenden Grund besteht dieses Contumacialurtheil darin, dass für den Kläger „Anleite“ beschlossen wird. Die Anleite ist eine Einweisung in den Besitz des streitigen Gutes. Sie hat noch nicht zur Folge, dass der Verklagte die Gewere am Gute verliert[2].

  1. Dieser Einwand hat nichts Auffallendes. In den Processacten der späteren Zeit betonen die Parteien sehr häufig, dass sie die Ladung frühzeitig und specialisirt genug erhalten müssen, um sich alles Nothwendige vorher überlegen zu können. Andernfalls erkennen sie die Ladung nicht als gesetzliche an. (Franklin, Reichshofgericht, Bd. 2 S. 215–24.) Fürsten hatten das besondere Privileg langer Fristen. Auch der gleich zu erwähnende Bericht spricht von der Terminsbestimmung „iuxta distanciam et qualitatem persone“.
  2. Eine Analogie des so entstehenden Rechtsverhältnisses bieten allenfalls die heutigen gerichtlichen Veräusserungsverbote. Der Kläger wird durch dieselben einigermassen gesichert, aber dem Verklagten wird darum sein Eigenthumsrecht noch nicht abgesprochen.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1893, Seite 285. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1893_10_285.jpg&oldid=- (Version vom 10.4.2023)