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Es liegt in der Umwandlung seiner Anschauungen an der Hand neuer Thatsachen und im Hinblick auf neu auftretende Persönlichkeiten etwas Edles und Erhabenes.

Aber neben diesem hohen Charakter hat es auch Andere gegeben, bei denen der Umschwung in gewöhnlicherer Weise sich vollzogen hat, wie denn bei jeder grossen Umwandlung der Parteien der geschaffenen oder der werdenden Mehrheit sich das Gros der Leute anschliesst, die mit dem Strome schwimmen. Ein bezeichnendes Beispiel dieser Art Leute bietet uns der Abt Wibald von Stablo.

Wibald war das rechte Urbild des Deutschen Klerikers im Zeitalter des h. Bernhard gewesen. In erster Linie Kleriker und erst in zweiter Reichsfürst, betrachtete er die Stellung, die er im Reichsleben einnahm, im wesentlichen unter dem Gesichtspunkte der Kirche. Ist er am Hofe, so erscheint ihm seine Stellung als eine Art Aufpasser- oder Botschafterposten im Interesse des Papstes[1]. Als Konrad zurückkehrte, glaubte er an ihm Allüren von Selbständigkeit zu bemerken und macht darauf aufmerksam, dass man dies nicht etwa auf das Bündniss mit dem Griechen zu schieben habe, sondern dass das Beispiel der Griechischen Kaiser mit ihrer Ueberhebung und ihrer Unbotmässigkeit „den Mann“ angesteckt habe. Er rühmt sich, Konrad wieder demüthig und gehorsam gemacht und Leuten, die nach einer anderen Richtung hin zogen, die Stange gehalten zu haben[2]. Da Konrad der kirchliche König war und blieb, so war Wibald unter den Gegnern der Welfen. In jenem Kampfe gegen Welf gehörte er zu der unterlegenen Minderheit, ja er hatte persönlich das schärfste Vorgehen befürwortet[3]. Bei Konrad’s Tode war Wibald auf der Rückreise aus Italien begriffen. Von der Todesnachricht wurde er in Speier überrascht in einer Zeit, als Friedrich I. seine Verhandlungen schon in die Hand genommen hatte. Wie Wibald sich damals zur Wahl stellte, wissen wir nicht. Ob er die Situation sofort überblickte, und ob vielleicht hiermit seine spätere Andeutung[4] zusammenhängt, dass

  1. Wibald an Eugen III, 1150 Febr. (Ep. Nr. 232, S. 351.)
  2. Wibald an Cardinal Guido, 1150 nach April 20. (Nr. 252, S. 377.)
  3. Wibald an Herm. v. Constanz, 1150 März (nach Giesebrecht 4, 489), (Ep. Nr. 234, S. 353.)
  4. Wibald an Eugen III, 1152 März. (Ep. Nr. 375, S. 503/4); vgl. o. S. 3092.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1893, Seite 318. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1893_10_318.jpg&oldid=- (Version vom 11.4.2023)