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famis afflictione peremit[1]. Die Wahrheit aber erfahren wir aus der Lebensbeschreibung des Johannes, nach welcher derselbe schon vor der Gesandtschaft krank und gebrechlich war. Der Empfang, den er nach seiner Rückkehr in Ravenna fand, die Gefangensetzung, die Aufregungen werden sein Ableben beschleunigt haben; seine Lebensbeschreibung aber weiss nichts von einem gewaltsamen Ende, nichts vom Hungertode[2].

Natürlich knüpften sich auch an das Ende Theoderich’s selbst sehr bald seltsame Gerüchte, deren Charakter ihren Ursprung nur allzudeutlich verräth. Jordanes zwar erzählt uns, wie der hochbetagte König, als er sein Ende herannahen fühlte, die Mitglieder seines Hauses und die Gothischen Grossen zu sich entbot und ihnen sterbend seinen zehnjährigen Enkel zum Nachfolger empfahl; nichts von einem Abscheiden unter absonderlichen Umständen[3]. Auch der Anonymus Valesianus betont nur das schnelle Ende nach acuter Erkrankung, in dem er von seinem Standpunkt aus ein göttliches Strafgericht erblickt[4]. Allein eben das schnelle Scheiden des „Arianischen Ketzers“, des „Tyrannen“ bildete einen willkommenen Anlass, ihn als reuigen Sünder eines kläglichen Todes sterben zu lassen. Schon der aufgeklärte Prokop hat sich, als er Belisar auf seinem Italischen Feldzuge begleitete, derartigen wunderlichen Gerüchten nicht entziehen können. Er erzählt uns: Wenige Tage nach der Hinrichtung des Symmachus und Boethius glaubte der König bei Tafel in dem Kopfe eines grossen Fisches das Haupt des Symmachus zu erkennen, das ihn wild und drohend anblicke; voll Entsetzen eilte er fröstelnd zu seinem Lager und barg sich unter zahlreichen Decken; dann beklagte er sein Verbrechen gegen Symmachus und Boethius und verschied bald darauf in Folge der seelischen Erschütterung[5][WS 1]. Wie wenig Glauben

  1. Ekkehard in s. Weltchronik. (Mon. Germ. SS. VI, 129, 36); vgl. Sigebert’s Chronik: Johannes Ravennae ab eo in carcere excruciatus fame defecit. (Mon. Germ. SS. VI, 315, 27.)
  2. Vita Johannis 87.
  3. Jord. de reb. Get.: Sed postquam ad senium pervenisset et se in brevi ab hac luce egressurum cognusceret, convocans Gothos comites gentisque suae primates Athalaricum infantulum adhuc vix decennem – – – regem constituit etc.
  4. Anon. Val. 95.
  5. Prok. de bell. Goth. I, 1 a. E.: δειπνοῦντι δέ οἱ ἡμέραις ὀλίγαις ὕστερον

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage (in der Anmerkung): δειπνοῦντι δὲ οἱ; Θευδερίχῳ ἔδοξε κεφαλὴ; τι καὶ μανικὸν ὁρῶσιν, ἀπειλοῦντὶ οἱ; δὲ τοῦ τέρατος; ἐκτόπως εἰς κοίτην; τε πολλὰ οἱ; τῇ συμφορᾷ οὐ
Empfohlene Zitierweise:
Gerhard Schneege: Theoderich der Grosse in der kirchlichen Tradition des Mittelalters und in der Deutschen Heldensage. In: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft Band 11 (1894), S. 18–45. Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, Freiburg i. Br., Seite 24. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1894_11_024.jpg&oldid=- (Version vom 5.5.2023)