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damalige Zeit hochachtbares Werk. Allein von der herrschenden kirchlichen Ueberlieferung hat sich der gelehrte Mönch nicht emancipiren können. In seinem Urtheil über Theoderich steht er ganz auf den Schultern Walafried’s Strabo und der Kirchenhistoriker des ersten Mittelalters, hauptsächlich des Beda Venerabilis und des Paulus Diaconus. Daher heisst es in seiner Chronik von Theoderich: tyrannus Romanorum inter alia mala Boetium patricium et philosophum diu carceratum occidit; nec multo post socerum ejus Simmachum patritium itidem peremit. Johannem quoque papam beatum de Constantinopoli reversum Ravennae una cum comitibus carceris afflictione necavit – und zum Jahre 525: Theodericus tyrannus post tres menses ab obitu Johannis, post multa mala sua, Dei judicio subitanea morte Ravennae interiit, et sicut solitario cuidam revelatum est, a Johanne papa et Simmacho patricio in ollam Vulcani deiectus est anno regni Italici 32[1]. Also auch hier der grausame Tyrann, den der Herr nach vielen Frevelthaten durch einen plötzlichen Tod abrief und mit ewiger Verdammniss bestrafte, auch hier der Höllensturz Theoderich’s.

Eine rühmliche Ausnahme bilden am Ende des 11. Jahrhunderts Sigebert von Gembloux und Hugo von Flavigny. Sigebert erzählt uns zum ersten Male wieder von der angesehenen Stellung Theoderich’s am Hofe zu Byzanz, von seiner Reiterstatue, seinem hohen Ansehen bei den Nachbarvölkern und seinen grossartigen Bauten. Auch erwähnt er den glänzenden Sieg, den Theoderich’s Feldherr Ibba bald nach der Niederlage Alarich’s II., des Schwiegersohns Theoderich’s, über die Franken errang[2]. Der Hungertod des Papstes Johannes und das höllische Ende Theoderich’s fehlen aber auch hier nicht. Dagegen erwähnt Hugo von Flavigny nur das plötzliche Ende Theoderich’s, rühmt aber die dreissigjährige glückliche Herrschaft des Gothenkönigs und den Glanz seines grossen Reiches, das von den Grenzen Pannoniens bis zum Rhonestrom und vom Tyrrhenischen Meere bis zum Fusse der Alpen gereicht habe. Auch gedenkt er mit besonderer Anerkennung der Bauten des grossen Königs[3].

  1. Mon. Germ. SS. V, 86.
  2. Mon. Germ. SS. VI, 311; 313 f.
  3. Mon. Germ. SS. VIII, 321: Teodericus igitur Gothorum rex – – – imperii triginta annis cum magna felicitate regnavit – – – a finibus Pannoniae
Empfohlene Zitierweise:
Gerhard Schneege: Theoderich der Grosse in der kirchlichen Tradition des Mittelalters und in der Deutschen Heldensage. In: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft Band 11 (1894), S. 18–45. Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, Freiburg i. Br., Seite 32. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1894_11_032.jpg&oldid=- (Version vom 5.5.2023)