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haben, so erklärt sich zur Genüge, dass der Gothe Dietrich als der erste Held der Deutschen Sage erscheint, als der unbezwingliche, der den Fränkischen Hagen[1] im letzten Kampf der Nibelunge Nôt bezwingt[2], wie er im rivalisirenden Einzelkampfe den götterstarken Siegfried überwunden hat[3].

Höchst charakteristisch ist eine Stelle des Anhangs des „Heldenbuchs“. In einem grossen Kampfe vor Bern thun sich alle Helden der ganzen Welt gegenseitig den grimmen Tod an, selbst der alte Hildebrand wird erschlagen, nur der Berner bleibt unbesiegt und unversehrt[4].

Er, der tapferste der Helden, ist zum Urbild des Heldenthums geworden. Daher die sprichwörtliche Vergleichung eines tapferen Kämpfers mit Dietrich von Bern. In einem unmittelbar nach der Schlacht bei Göllheim (1298) entstandenen Liede erinnert sich der unbekannte Dichter bei der Erwähnung Dietrich’s von Kirnsberg an Dietrich von Bern:

Deme andren deyderich gelich
dye von Berne was genannt[5].

Noch am Anfange des 16. Jahrhunderts sang man von Ulrich von Württemberg:

  1. Dass Hagen ursprünglich ein Fränkischer Held ist, beweist W. Müller, Mythologie der Deutschen Heldensage S. 37 f.
  2. Nib. Nôt. 2285 f.
  3. Rosengarten 1944. – Auch Witige und Heime sind von Dietrich schon in der Jugend überwunden worden. Die Riesen Ecke und Fasold suchen den Kampf mit dem Berner und büssen ihre Verwegenheit mit dem Tode. Sigenot bildet eine Ausnahme, aber nur, weil dem Dichter daran liegt, die Treue und Gewandtheit des alten Waffenmeisters zu verherrlichen.
  4. „Darnach ward aber ein streite bereidt, der geschach vor Bern. da ward der alt Hiltebrant erschlagen von künig Günther. der was fraw Crimhilten bruoder. und do kame ye einer an den andern bisz das sy all erschlagen wurden. Alle die helden, die in aller welt waren, wurden do zumal abgethan auszgenummen der berner“. (W. Grimm, Die Dt. Heldensage 3. Aufl. S. 338.) – Aber auch den Berner ruft ein Zwerg ab. „Die Heldenzeit ist zu Ende“, so spricht diese Fassung der Sage von dem „Abthun“ aller Helden zu uns; vgl. K. Meyer, Die Dietrichssage u. s. w. S. 25. Die Heldenzeit muss einer neuen Zeit weichen, wie einst die Zwerge auszogen vor dem Klang der Kirchenglocken.
  5. Heldens. S. 186.
Empfohlene Zitierweise:
Gerhard Schneege: Theoderich der Grosse in der kirchlichen Tradition des Mittelalters und in der Deutschen Heldensage. In: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft Band 11 (1894), S. 18–45. Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, Freiburg i. Br., Seite 40. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1894_11_040.jpg&oldid=- (Version vom 5.5.2023)