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hervorzutreten, man solle vom Könige die Anerkennung des kurfürstlichen Aufsichtsrechtes fordern. Auf welche Art sich der Kampf beider Parteien vollzogen hat, darüber wissen wir nichts Näheres, aber das Resultat war, wie das neue Bundesdocument ausweist, ein fast vollständiger Sieg Brandenburgs und Sachsens. Vermuthlich haben sie einfach erklärt, wenn man sie an der Aussöhnung mit Sigmund hindern wolle, so würden sie aus dem Bunde überhaupt austreten, und haben dadurch die Aenderung erzwungen.

In der Würdigung des neuen Vertrages stimme ich mit Heuer im wesentlichen überein; nur folgende Punkte möchte ich betonen. Die Principien blieben völlig gewahrt, nur trat an die Stelle der revolutionären Form eine loyale, die Empfindlichkeit des Königs möglichst schonende Ausdrucksweise; man liess die Fiction, als gebe es eigentlich keinen König, fallen, und stellte sich, als ständen alle die beanspruchten Rechte mit denen des Königthums in gar keinem Widerspruche. Ja, man ging so weit, durch die Einfügung des „Gemeiners“ dem Vertrage den Schein eines Landfriedensbundes zu geben, um seinen Abschluss als eine rechtlich erlaubte Handlung hinstellen zu können. In dieser Form sollte der Vertrag dem Könige als der zu Bingen geschlossene mitgetheilt werden und erhielt desswegen das Datum des früheren.

Als Aequivalent für diese Zugeständnisse erlangten die Rheinischen Kurfürsten die ausdrückliche Betonung des Majoritätsprincips für alle Berathungen des Collegiums, das, wie wir sahen, so sehr in ihrem Interesse lag, und die Festsetzung der ihnen bequem gelegenen Städte Mainz und Aschaffenburg als Versammlungsorte. Endlich musste der Hohenzoller seine geplante Reise nach Wien verschieben, bis alle Kurfürsten, wie man ausmachte, zum Reichstage sich dorthin begeben würden. Man sieht, ein Separatfriede Friedrich’s mit dem Könige sollte verhindert werden. Nachdem man sich noch dahin geeinigt hatte, dass die kurfürstliche Zusicherung, den Wiener Reichstag besuchen zu wollen, dem Könige durch eine Gesandtschaft mitgetheilt werden solle, reisten die beiden östlichen Kurfürsten ab, ihren Collegen die genauere Instruction der Gesandten überlassend.

Zu diesem Zwecke tagten die Rheinischen Kurfürsten bald

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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1894, Seite 82. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1894_11_082.jpg&oldid=- (Version vom 7.5.2023)