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so hoch nicht anzuschlagen. Aber da das Bündniss formell nie gelöst war, hatten die Theilnehmer stets die Möglichkeit, darauf zurückzugreifen, sobald die gemeinsamen Interessen wieder mehr in den Vordergrund traten; und das geschah sehr bald. Denn die Gründe, welche zum ersten Zusammenschliessen des Collegiums den Anlass gegeben hatten, die dauernde Abwesenheit des Königs und der Mangel jeder Centralgewalt, bestanden fort. Sie veranlassten schon auf dem Frankfurter Tage vom April 1427 die Kurfürsten zu gemeinsamem Auftreten, und zur gütlichen Begleichung der entstandenen Streitigkeiten. Und gerade damals mussten sie empfinden, dass ihre Uneinigkeit nur dazu führe, dass fremde Mächte die Leitung der Reichsangelegenheiten in die Hand bekamen; denn gerade hier ergriff bei dem Mangel jeder anderen Autorität ein ausländischer Priester, der Cardinal von Winchester, die Führung, schrieb den Reichstag aus und redete mit den Reichsständen in einem Tone, wie es lange kein König gethan hatte[1].

Es kam hinzu, dass Friedrich von Brandenburg, seit er 1426 die Regierung der Mark seinem Sohne übergeben und seine nordische Vergrösserungspolitik endgültig aufgegeben hatte, durch territoriale Interessen nicht mehr in dem Masse gebunden war wie früher; dass ferner die Rheinischen Kurfürsten mehr und mehr aus der rein antiköniglichen Richtung in die gemässigtere einlenkten, welche wohl alle occupirten Rechte behaupten, es aber dem Könige durch Wahrung der äusseren Ehrerbietung ermöglichen wollte, das ohne Widerspruch geschehen zu lassen.

So konnte nach dem Tode Friedrich’s des Streitbaren (1428) die Aufnahme seines Sohnes in den Bund erfolgen[2], als sei dieser inzwischen in unveränderter Thätigkeit geblieben.

Gerade weil sich die Kurfürsten nach allem Vorgefallenen doch wieder zusammenfanden, war anzunehmen, dass sie aus den Ereignissen gelernt hätten, dass die Rheinischen ihre Majorität nicht wieder zur Vergewaltigung der Collegen benutzen würden, und dass diese ihrerseits fester zum Bunde halten

  1. Vgl. v. Bezold, Kg. Sigmund u. d. Reichskrieg II, 124 f.; Wendt, Reichstag unter Sigmund S. 10–11 u. öfter.
  2. Dt. RTA IX, Nr. 155.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1894, Seite 86. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1894_11_086.jpg&oldid=- (Version vom 8.5.2023)