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in dem, was es ihm gegeben nicht minder, als vielleicht in dem, was es ihm erspart[1]. Schon am Ende seines ersten Lustrums hatte er das von der Furchtlosigkeit seines Vorgängers berufene Lateranconcil zu einem der Erhöhung der Papstgewalt dienlichen Schluss geführt; durch den Gegensatz der in Rom zu seiner Zeit herrschenden Sicherheit zu den Wirren und Kriegen Norditaliens war die Hauptstadt zu erhöhter Blüthe herangereift; die Künste, denen doch vornehmlich die Willenskraft und das hohe Verständniss seines Vorgängers die Wege geebnet, erfüllten das tägliche Dasein Leo’s und die unter seiner Obhut stehende Kirche mit so unerhörtem Glanz, dass man noch nicht aufgehört hat, von einem Zeitalter Leo’s X. zu schreiben. Welches Bild endlich der Erfolg seiner auf Leitung der Europäischen Dinge gerichteten Friedens- und Türkenzugspolitik in den Herzen papalistischer Prälaten geschaffen hatte, kann ein Erguss lehren, den der an den Spanischen Hof um obiger Zwecke willen entsandte Cardinal Egidio gerade damals[2] an seinen Herrn gerichtet hat.

Nach einer Einleitung, dass aus Freude über einen Gerechten Gott der nur zu sündigen Welt verzeihe und dass Leo’s Güte, Redlichkeit, Barmherzigkeit, Heiligkeit und Gottesfurcht den Herrn versöhne u. s. w., heisst es: Jegliches Ding entspricht deinen Wünschen, neigt sich deiner Frömmigkeit, macht sich dienstbar deinen Gedanken und folgt deinen Anordnungen. Du befiehlst den Königen die Waffen niederzulegen und sich in Bündnissen zu vereinen, den Fürsten friedlich zusammen zu leben. Und kaum hast du das dafür eingesetzte Opfer dargebracht, so siegen schon im Süden die christlichen Fahnen, Barbarossa fällt[3] und ein auf die Christen sich stützender König übernimmt die Herrschaft gen Osten. Dir gehorsam gibt des

  1. Man denke dabei an das frühe Absterben seiner Nepoten und an den eigenen Tod gerade im Höhepunkt politischen Erfolges, sowie der durch das Verschwinden Luther’s auf der Wartburg gesteigerten Hoffnung auf Glättung der kirchlichen Fluthen.
  2. Cardinal E(gidio) an Leo X., Saragosssa 1518 August 10. Latein. Orig. in den lettere de’ principi des Vatican. Geheimarchivs. Ich gebe nur einen Auszug wieder. Die Antwort Arch. stor. ital. 3 ser. 23, S. 416.
  3. Bezieht sich auf die Kämpfe der Spanier in Oran. s. Sanuto Diari, Bd. 26, S. 58.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1894, Seite 95. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1894_11_095.jpg&oldid=- (Version vom 25.6.2023)