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Kaisers Majestät eine sehr schwer wiegende Sache auf und lässt sich mit Venedig vereinen auf Bedingungen, welche von dir bestimmt sind. Der allerchristlichste König verbündet sich mit einem anderen erlauchten Herrscher nicht bloss durch Worte, sondern durch einen Ehevertrag – – –, während doch niemand zu hoffen gewagt hätte, dass sie sich zu Stillstand und Frieden würden erbitten lassen. Heute endlich, am 10. August, gibt sich dir mein katholischer König hin, nimmt deine Befehle an und führt sie aus. Und weiter am Schluss: „Der Götter und der Menschen Stimmen heischen, dass du hoch erhoben vor den Königen dahergetragen werdest. Dieser heutige Tag schenkte Gott einst die Spanische Ritterschaft und nunmehr seinem Stellvertreter, Spaniens König.“

In der That, der vollendetste Höfling vermöchte es nicht besser zu machen als dieser ob seiner Freimüthigkeit von der Eröffnung des Concils her gefeierte Augustinergeneral! Man meint fast die Luft zu athmen, in der es begreiflich wird, dass ein Leo es geschehen liess oder gar wünschte, seine Züge im Mittelpunkt der allegorischen und geschichtlichen Gemälde zu sehen, in welchen Raphael die Phasen der neuen kirchlichen und kirchenstaatlichen Entwicklung verewigte. Der einstige Flüchtling konnte es nicht handgreiflich genug vor sich sehen, dass die Wirklichkeit die kühnsten seiner Wünsche übertroffen hatte. Man braucht, um sich dessen recht bewusst zu werden, daneben nur ein Wort Vettori’s[1] zu erneuern, das den ungünstigen Wandel im Urtheil Nahestehender über Leo erklären soll: „Sicher ist es schwierig, weltlicher Herr zu sein und gleichzeitig für religiös gelten zu wollen. Denn diese beiden Dinge fügen sich nicht in einander. Wer aufmerksam in der heiligen Schrift liest, wird die Päpste, obwohl sie sich Statthalter Christi nennen, als Träger einer neuen Religion erblicken, welche von jener Christi nur den Namen hat. Jene heischt Armuth, sie wollen Reichthum, jene Niedrigkeit, sie Stolz, jene Gehorsam, während sie einem Jeden befehlen wollen.“

Papst Julius II. hatte für den Kirchenstaat den Wettlauf der mächtigeren Italienischen Staaten nach Vergrösserung erst mitgemacht, schliesslich aber das Ziel verfolgt, alle Fremden, Spanier

  1. Sommario della storia d’Italia dal 1517 al 1527, a. a. O. S. 304.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1894, Seite 96. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1894_11_096.jpg&oldid=- (Version vom 25.6.2023)