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mittelst dessen das Hinderniss der Vereinigung der Kronen des Reichs und Neapels für diesmal beseitigt wurde, vorbehaltlich eines päpstlichen Veto gegen Spanische Ausbreitung in der Lombardei und Toscana. Der Papst erhielt dadurch für Ober- und Mittelitalien dasjenige, was man für Unteritalien auf Französischer Seite nicht zugestehen wollte! Wenn der Papst zufrieden war, so war es der junge Kaiser nicht, wenigstens hat er den Vertrag nie bestätigt[1].

Begreiflich, dass Leo daher die nie abgerissenen Fäden zum König von Frankreich alsbald wieder anknüpfte. Er suchte sich im Bund mit diesem sammt Venedig eine schützende Stellung zu schaffen, machte sich dies aber in Wahrheit selbst unmöglich, weil er mit allem Nachdruck die Genossen zur Preisgebung Ferraras zu verpflichten trachtete. Venedig hielt sich desswegen vorsichtig zurück, Franz I. willigte anscheinend schliesslich ein. Der Vertrag vom 22. October 1519[2] verband Papst und König, keine Allianz mit dem Kaiser einzugehen und den Papst, dem Kaiser die (noch ausstehende) Belehnung mit Neapel nicht zu ertheilen. Franz I. versprach seinen Schutz gegen alle daraus entspringenden Bedrohungen und Angriffe, ferner seine ausdrückliche Unterstützung gegen unbotmässige Vasallen und Unterthanen der Kirche.

Man muss überzeugt sein, dass Franz keinen Augenblick an Preisgabe eines so treuen und wichtigen Verbündeten gedacht hat, wie der Herzog von Ferrara war. Nur wenn er auch Herr Neapels und damit des Schicksals von Italien geworden wäre, hätte ihn der Verlust des Vertrauens unter den kleineren Potentaten, seit 1494 ein so wichtiger Factor für Frankreichs Macht in Italien, weniger unzulässig erscheinen dürfen. So nur versteht es sich, wenn bei der stärksten Lockung des Französischen Hofs auf das schwankende Gemüth Leo’s aus dem Spätherbst 1520, welche unter Ausschluss eines für den Kirchenstaat bestimmten Strichs bis zum Garigliano das Königreich Neapel als Französische Secundogenitur umfasst, offen

  1. Vom Vertrag hat abgesehen von einem Regest im Archivio stor. Ital. 3.ser., vol. 26, S. 198 zuerst Nitti 213 Kenntniss gegeben. Was der Stein des Anstosses für Karl war (s. Nitti 242, doch vgl. lettere de’ principi Ausg. von 1570, S. 69), mag hier übergangen werden.
  2. Nitti 258 ff. hat ihn aufgefunden.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1894, Seite 108. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1894_11_108.jpg&oldid=- (Version vom 25.6.2023)