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sind so Conflicte entstanden, die an vielen Orten zu schweren Kämpfen geführt haben, aber schon die Natur der Sache forderte, dass die Autonomie der Corporationen eine derartige Aufsicht und Beschränkung finde. Ohne solche Oberleitung durch ausserhalb der Corporation stehende Behörden würden an den Universitäten die von dem Leben der Corporationen nun einmal nicht zu trennenden Keime des Missbrauchs und des Verderbens noch üppiger gewuchert haben, als es so schon geschah.

Noch auf einen Punkt ist hinzuweisen. Ob die Statuten durch den Fürsten erlassen oder durch die Facultät beschlossen wurden, machte für das Verfahren thatsächlich nicht eine solche Verschiedenheit aus als es bei der einfachen Gegenüberstellung scheinen möchte. Die Universität ernannte geeignete Männer aus ihrer Mitte als Redactionskommission, und der Fürst pflegte das Gleiche zu thun. Ihr Entwurf wurde dann von dem Auftraggeber gutgeheissen, aber da der Fürst vor dem Erlass meistens erst die Zustimmung der Corporation einholte und umgekehrt die Corporation die Bestätigung des Fürsten – so blieb fast nur ein formaler Unterschied. Die rechtliche Bedeutung dieses Unterschiedes ist freilich fest zu halten, aber andererseits ist zu erwägen, dass selbst da, wo der Fürst die Zustimmung der Corporation nicht förmlich einholte, nicht ohne weiteres eine grundsätzliche Schädigung ihres „jus statuendi“ anzunehmen ist, und auch nicht, dass sie ihre Forderungen und Wünsche nicht hätte geltend machen können.

Beides zeigt sich in dem Wittenberger Fall, wo der Fürst ja dem Rector der Universität den Auftrag ertheilte, die Statuten zu entwerfen, ihm auch andere Professoren beigesellte, und die „reformatores speciales“ für 1508 ebenfalls aus den Professoren ernannte. Ferner liegen schon aus den Jahren 1512 und 1514 Beschlüsse der Artisten vor, welche die 1508 durch den Fürsten erlassenen Statuten ergänzen bezw. ändern, ohne dass irgend ein Wort andeutet, dass man mit diesem Act ein neues Recht in Anspruch nehme, eine bureaukratische Bevormundung abschüttele. Es ist, als ob man keinen grundsätzlichen Unterschied zwischen den beiden Formen des Erlasses empfunden und in

    nur die allgemeineren Erlasse berücksichtigt, da sie den entscheidenden Punkt deutlicher hervortreten lassen.

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1894, Seite 137. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1894_11_137.jpg&oldid=- (Version vom 8.5.2023)