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dem Vorgehen des Kurfürsten mehr nur eine Fürsorge und keine Beschränkung erblickt habe. Sonst müssten wohl die Artisten das Bedürfniss gehabt haben, ihr „jus statuendi“ erst zu erweisen oder vom Kurfürsten zu erbitten. Man verfuhr 1512, wie man 1504 verfahren war, wo die Artisten ihre Facultätsstatuten selbständig beschlossen hatten[1]. Freilich wird in den Statuten von 1508 mehrfach genaue Befolgung der Statuten geboten und in feierlicher Weise jede Aenderung untersagt. Den Artisten ward in der Einleitung ihrer Statuten zugerufen: „vestrum erit pro sapientia totis viribus has leges nostras servare custodireque“ (a. a. O. S. 40), den Juristen noch feierlicher: „ita nos quoque quemque vestrum jure jurando obligamus instituta nostra, non moto donec vita nobis contigerit verum etiam perpetuo sincere custodire“ (ib. S. 26.) Aber das ist humanistischer Wortschwall, veranlasst durch die voraufgehende Erzählung von Solons Gesetzgebung, die auch lediglich dem rhetorischen Behagen an derartigen Einschiebseln ihren Ursprung dankt. Will man die Worte aber auch ernsthafter nehmen, so muss man nicht vergessen, dass andere Universitäten, wie z. B. Paris, Padua, Perugia, von Päpsten und anderen Gewalten einschneidende Verordnungen in scharfer Form empfangen haben, ohne ihre Autonomie zu verlieren.

Ganz unwesentlich endlich ist, dass die Wittenberger Statuten eine abgerundete Codification darstellen, während Fürsten und andere Gewalthaber meist nur eine Anzahl von mehr oder weniger zusammenhängenden Bestimmungen trafen. Für die rechtliche Stellung der Universitäten zu dem Landesherrn bezw. anderen ausserhalb stehenden Gewalten, trägt dieser Unterschied nichts aus. Es würde genügen, dass diese fremden Gewalten überhaupt durchgreifende Massregeln trafen, aber es fehlt auch nicht an durch Verordnung gegebenen zusammenhängenden Statuten. Die Tübinger von 1477 bieten ein naheliegendes Beispiel.

Die Statuten von 1508 sind, ähnlich wie die Leipziger von 1502, die Heidelberger von 1452, die Tübinger von 1477, hervorragende Beispiele von Statuten, die von den Landesfürsten

  1. Sie sind abgedruckt von Muther in Neue Mittheilungen aus dem Gebiete histor.-antiquar. Forschungen. XIII. Bd. Halle 1874. S. 177 ff.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1894, Seite 138. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1894_11_138.jpg&oldid=- (Version vom 8.5.2023)