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Kleine Mittheilungen.


Zur Beurtheilung des Perikles. Unter den Werken über die Griechische Geschichte, die in neuester Zeit erschienen sind, nimmt jedenfalls Jul. Beloch’s Griechische Geschichte (I. Bd. Strassb., Trübner. 1893) eine bemerkenswerthe Stelle ein. Ich gedenke mich aber hier nicht mit den Vorzügen und Mängeln dieses Buches im allgemeinen zu befassen, sondern nur einen Punkt, mit dem ich mich schon früher beschäftigt habe[1], zur Sprache zu bringen – die Beurtheilung des Perikies.

Beloch gehört auch zu den Neueren – oder vielleicht sagt man noch richtiger: Neuesten –, welche nicht begreifen können, wie man Perikles so hoch hat stellen mögen. „Er hat“, lesen wir S. 466, „eine hervorragende militärische Begabung nicht besessen. Wir können selbst zweifeln, ob er ein grosser Staatsmann gewesen ist; wenigstens suchen wir vergebens bei ihm nach einem wirklich schöpferischen Gedanken. Auch hat er es nicht vermocht, das Attische Reich auf der Höhe zu erhalten, auf die es Themistokles und Kimon geführt hatten, und er hat bei seinem Abtritt vom politischen Schauplatz Athen jenen Krieg als Erbschaft hinterlassen, an dem es schliesslich zu Grunde gegangen ist. Aber er war, wie wir heute sagen würden, ein grosser Parlamentarier. Wie kein zweiter seiner Zeitgenossen besass er die Gabe, die Massen durch die Macht seiner Rede zu lenken und mit sich fortzureissen; und er hatte ein sehr feines Gefühl für das, was die öffentliche Meinung verlangte.“ S. 517 lesen wir: „Skrupel in der Wahl seiner Mittel hat Perikles nie gekannt; und wie er einst in Athen den Classenkampf entzünden geholfen hatte [?], so entzündete er jetzt aus Rücksichten der inneren Politik den Hellenischen Bürgerkrieg.“ Davon, dass Perikles den Peloponnesischen Krieg absichtlich herbeiführte, wie etwa Napoleon III.

  1. G. Egelhaaf, Analekten zur Geschichte. Stuttgart, Kohlhammer. 1886. Stück 1: Die kriegerischen Leistungen des Perikles (S. 1–30).
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1894, Seite 144. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1894_11_144.jpg&oldid=- (Version vom 9.5.2023)