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εἴη τοῦ πολεμεῖν, ἢν μή τι ἐσακούωσιν[WS 1], I, 140). Zu diesem Zweck wurden die bekannten drei Gesandtschaften nach Athen geschickt, von denen die erste (I, 126) die Beseitigung des Kylonischen Frevels, d. h. die Verbannung des Perikles, die zweite (I, 139) die Aufgabe von Potidäa und Aegina und die Zurücknahme des Megarischen Beschlusses, die dritte aber (I, 139) die Gewährung der Autonomie an die Hellenen, d. h. die Auflösung des Attischen Reiches, forderte. Alle diese Ansinnen waren so ausgedacht, dass ihre Ablehnung vorauszusehen war. Athen konnte sich weder seines Steuermanns in dem Augenblick berauben, wo ein schwerer Sturm heraufzog, noch konnte es Bresche in sein Reich legen, was die Aufgabe Potidäas und Aeginas bedeutet hätte, noch Megara, das auf Korinthischer Seite gegen Korkyra gekämpft hatte (I, 27), dessen Uebelwollen gegen Athen unbedingt gebrochen werden musste, wieder zu seinen Märkten zulassen, noch endlich gar seine Herrschaft ohne Schwertstreich selbst aufgeben. Die Forderung der Aufhebung des Megarischen Beschlusses erscheint, wie man bemerken wird, durchaus nicht allein, sondern sie ist verkoppelt mit dem Verlangen der Freilassung Potidäas und Aeginas: wurde das eine zugestanden und setzte sich Athen damit in’s Licht der Friedensliebe, so rückten die Gesandten ohne Zweifel mit dem zweiten (bezw. ersten) ihnen aufgetragenen Punkte hervor, hinsichtlich dessen es doch wahrlich kein Schwanken, für keinen Athener, geben konnte[1]. Man hatte, wie Beloch erinnert, freilich 445 weit mehr nachgegeben, als die zweite Spartanische Gesandtschaft jetzt forderte; aber das war nach erfolgtem Kriegsausbruch geschehen, als ein feindliches Heer bei Eleusis stand, und gegenüber einem Feinde, der in Wahrheit geneigt war, zu einem Frieden zu gelangen. Wenn Athen damals seine halbe Grossmachtstellung, die zur See, gerettet hatte, so hatte es die andere Hälfte, die festländischen Besitzungen, dafür um so gründlicher verloren. Beloch schwächt die von Athen 445 erlittene Niederlage in unzulässiger Weise ab. Sollte es jetzt auch das ihm 445 Gebliebene – ohne Gegenwehr! – abbröckeln lassen, und zwar einen Theil derjenigen Machtstellung, ohne welche es auf die Stufe Korinths herabsinken musste? Man bedenke ferner, dass hinter den Forderungen der zweiten Gesandtschaft das Verlangen der dritten lauerte, das auf nichts weniger als auf freiwilligen Verzicht Athens auf seine ganze Macht ging: nicht erst beim Königsfrieden, sondern damals schon,

  1. Es ist richtig, dass in den Verhandlungen das Verlangen wegen Aeginas und Potidäas keine weitere Rolle spielt: aber dass es von Sparta geradezu „ohne sonderliches Sträuben fallen gelassen worden sei“ (Nissen, S. 413), sagt Thukydides I, 1339 nirgends.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: ἐσακούσωσι
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1894, Seite 148. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1894_11_148.jpg&oldid=- (Version vom 8.5.2023)