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war die höhnische Antwort des grossen Monarchen, womit er sie im vorbeylauffen begnadigte.

Weit besser angebracht war jenes bonmot, womit er den grossen Sonnenfels zurecht wies. Dieser Mann, den seine Einbildung unter den ersten Rang der grossen Geister erhebt, war missvergnügt, dass der Kaiser ihn noch nicht zum Ritter des Stephansordens gemacht hatte, welcher Leuten aus allen Ständen, die sich auf irgend eine Art um den Staat verdient gemacht haben, ertheilt wird. Er überreichte also dem Kaiser ein sehr volumineuses Memorial, worinn er alle seine manigfaltigen Verdienste, welche er um das Polizeywesen und verschiedne andre wichtige Einrichtungen und Anstalten sich erworben habe, aufs ausführlichste in longum et latum detaillirte; und zu verstehen gab, dass die Aufnahme in jenen Orden die geringste Vergeltung seye, die er von der Gerechtigkeitsliebe des Kaisers für seine Mühe und Fleiss erwarte (ungeachtet es ganz gegen die Regel ist, dass jemand um diesen Orden ansucht, sondern der Hof giebt ihn immer ex motu proprio denen, die er für würdig befindt, allein der grosse Sonnenfels glaubte hier Ausnahme machen zu können). Der Kaiser gab ihm seine Bittschrift zurük, auf die er aussenher geschrieben hatte: Icarus Icarias nomine fecit aquas! Und nun wird Sonnenfels wahrscheinlich auf diesen Orden für immer Verzicht thun müssen.

Dass dieser Mann nicht vieles zur Aufklärung und Verfeinerung des Geschmaks in Wien beygetragen habe, wird niemand läugnen. Allein die übergrosse Idee, die er von sich selbst hat, macht ihn vielen Leuten von schwachem Magen unerträglich, und verleitet ihn zu vielen Thorheiten. Vor einigen Jahren ward eine Academie gestiftet, worinn er sich zum Präsidenten aufwarf. Der Hauptinnhalt seiner ersten Eröffnungsrede war, dass er auf die Jesuiten schimpfte, und sie Spizbuben und schlechte Leute nannte; ungeachtet die grösste Anzal der Mitglieder ehemals in diesem Orden gestanden hatten. In einer der nächsten Versammlungen, da schon alle Mitglieder versammelt waren, schikte er einen Botten sie möchten ein wenig warten, er würde bald kommen. Diess liess man sich gefallen, und wartete den halben Abend, bis endlich ein andrer Botte die Nachricht brachte, der Hr. v. Sonnenfels wäre im Konzert (wo eben eine berühmte Sängerin sich hören liess) er könne sich unmöglich von da losmachen, und die Versammlung solle bis auf das nächste mal aufgeschoben seyn. Also mussten die Hh. academici wieder wegspaziren wie sie gekommen waren. Diese und ähnliche Streiche, die in kurzer Zeit auf einander folgten, machten dass die Mitglieder nach und nach ausblieben, und endlich die ganze Academie wieder in ihr voriges Nichts zurüksank.

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1894, Seite 172. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1894_11_172.jpg&oldid=- (Version vom 9.5.2023)