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These lautete demnach folgendermassen: „Die Leistungen der Griechen auf dem Gebiete der bildenden Künste sollen an der Hand geeigneter Anschauungsmittel als wichtiger Bestandtheil der Culturgeschichte der Jugend vorgeführt werden“.

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Das Thema des Verhältnisses zwischen Sage und Geschichte, das in der ursprünglichen These Dir. Hannak’s mit berührt war, wurde in den Erörterungen und auch sonst mehrfach behandelt. Dir. Jäger schied scharf zwischen beiden Gebieten: Sage sei eben nicht Geschichte, sondern Dichtung, Erzählung der Sagen dürfe nicht als Anfang der Geschichtsdarstellung gelten, – gehöre vielmehr in den Deutschen Unterricht; andere Redner dagegen nahmen sich des Sagenstoffes als eines Bestandtheiles des historischen Unterrichtes an, wobei es auch nicht ohne das Missverständniss abging, als ob Dir. Jäger die Sagen aus dem Unterricht überhaupt verbannen wollte, während er nur didaktisch scharf hatte trennen wollen. Der Gesichtspunkt scheint mir im Interesse historischer Bildung von wesentlicher Bedeutung zu sein, der rechte Gegensatz zu der vor einiger Zeit aufgetauchten barocken Idee, die Geschichte, auch die neuere, grundsätzlich der Jugend in sagenhafter Gestalt, wie einen Mythus vorzuführen.

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Wie gegenüber dem Gebiet der Sage, so vertrat Dir. Jäger auch gegenüber der vielfach, besonders für die Unterstufe, vorgeschlagenen biographischen Behandlung der Geschichte in sehr dankenswerther Weise eine strengere wissenschaftliche Auffassung: Die Geschichte dürfe nicht in Biographien aufgelöst werden (es ist ja einleuchtend, dass dadurch eine falsche Vorstellung von der geschichtlichen Entwicklung hervorgerufen werden würde), dagegen sei der biographische Gesichtspunkt sehr zweckmässig als Leitmotiv für Repetitionen zu verwenden; auch die selbständig reproducirende Thätigkeit der Schüler werde dabei besonders angeregt werden.

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Einen weit grösseren Raum als diese Einzelfragen des eigentlich historischen Unterrichts nahm in der Erörterung das Verhältniss zu dem Unterricht in den classischen Sprachen ein. Erst an diesem Punkte kam recht eigentlich die in der Versammlung vorherrschende Tendenz zu Gunsten der alten humanistischen Bildung zum Ausdruck. Für Viele war anscheinend nicht die Stellung und Gestaltung des Geschichtsunterrichtes die Hauptsache, sondern die Jäger’sche These, die sich im Interesse des Geschichtsunterrichtes gegen eine übermässige Einschränkung des Unterrichtes in den classischen Sprachen erklärte. Sie lautete: Die Schmälerung des Lateinischen und Griechischen Unterrichts über eine gewisse Grenze hinaus [schwächt den historischen Sinn] und schädigt also mittelbar auch den Unterricht in vaterländischer und „neuerer“ Geschichte. In dem Preussischen Gymmasiallehrplan von 1892 erscheint diese Grenze überschritten.

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Dir. Jäger hatte sich bereit erklärt den Schlusssatz fallen zu lassen; dem wurde aber von anderer Seite entschieden widersprochen, und in der That gibt ja erst dieser Schlusssatz der These ihre eigentliche Bedeutung, während sie ohne ihn zu einer recht unbestimmten, ziemlich farblosen Betrachtung wird. Die meisten Redner, so besonders Oberlehrer Klatt (aus

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1894, Seite 191. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1894_11_191.jpg&oldid=- (Version vom 10.5.2023)