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Elberfeld) erweckte die Einschränkung der alten Geschichte auf das eine Jahr Obersecunda – wenn auch mit vermehrter Stundenzahl (3 statt 2) – das hauptsächlichste Bedenken. Principiell für die Aenderung des neuen Lehrplans trat nur der inzwischen ganz plötzlich verstorbene Dir. Martens aus Elbing ein, da durch ihn Raum für den ersten Cursus gewonnen werde; im zweiten Cursus zeigte er sich dann nicht abgeneigt, der alten Geschichte noch ein Vierteljahr abzunehmen. Von allen anderen Rednern wurde die vorgenommene Verschiebung nur als eine leider vorhandene Zwangslage behandelt, mit der man sich, so gut es gehen wolle, – obgleich es eigentlich nicht recht gehe – abzufinden habe. Schon im Referate Dir. Kämmel’s kam es zur deutlichen Aussprache, dass der Abschluss mit Untersecunda nicht aus dem Leben der Schule hervorgegangen, sondern ihr aus praktischen Gründen aufgedrungen sei. Die Gründe liegen ja bekanntlich darin, dass für die zahlreichen Schüler, die das Gymnasium nicht ganz durchmachen, sondern mit der Berechtigung zum Einjährigen-Dienst aus Untersecunda abgehen, ein Abschluss gewonnen werden soll. Damit für diese Schüler zuletzt neueste und nicht Griechische Geschichte behandelt werde, hat man den ersten Cursus bis Untersecunda ausgedehnt und den zweiten Cursus trotz Steigerung der ihm gestellten Aufgaben auf 3 Jahre eingeengt.

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Da die Debatte wiederholt auf das Missliche dieses Zustandes zurückkam, versuchte ein Antrag Quidde’s, die Beschwerde über diesen Hauptübelstand zu formuliren und auf die Abhilfe hinzuweisen. Der Antrag lautete: „Die Versammlung spricht den Wunsch aus, dass im Interesse der gedeihlichen Gestaltung des Unterrichtes in der alten Geschichte wie des gesammten Gymnasialunterrichtes überhaupt der Einschnitt nach Untersecunda wegfalle und das damit zusammenhängende Berechtigungswesen von Grund aus reformirt werde“. Mit Recht wurde eingewendet, dass dieser Antrag über das Ziel hinausschiesse, da er eine Meinung über eine sehr complicirte Frage äussere, in die viele andere Fragen ausser der des Geschichtsunterrichtes hereinspielten. Der Antrag kam am ersten Tage nicht zur Abstimmung und wurde, um jenem Bedenken Rechnung zu tragen, neu formulirt: „Die Versammlung hegt das Bedenken, dass bei einer nur 3jährigen Dauer des zweiten Cursus entweder die alte Geschichte oder die neuere Geschichte zu kurz kommen werden, sie ist der Meinung, dass es desshalb im Interesse des Geschichtsunterrichtes liegt, keinen Einschnitt nach Untersecunda zu machen, und dass dieser Gesichtspunkt bei künftiger Neuordnung des Berechtigungswesens berücksichtigt werden sollte“. Aber auch in dieser Fassung (und jetzt, wie mir noch immer scheinen will, mit Unrecht), stiess er auf das einmal wach gerufene Competenzbedenken, und daneben machten sich Opportunitätsbedenken geltend: man werde doch nichts erreichen und werde nur unnütz anstossen. Prof. Prutz als Vertreter derer, die die Competenz bezweifelten, stellte den Antrag, in Anerkennung der „Richtigkeit“ der Anregung (was nachher in „Wichtigkeit“ verändert wurde) zur Tagesordnung überzugehen, und so beschloss die Versammlung mit sehr grosser Mehrheit (ich schätze 80–100 gegen etwas über 30 Stimmen).

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Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1894, Seite 194. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1894_11_194.jpg&oldid=- (Version vom 10.5.2023)