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Stuhl bestieg, sicher nicht die Bescheidenheit geübt hätte, ihn lediglich Mönch und Archidiakon zu nennen. Und ferner – glaubt Jemand im Ernste, dass der Römer, der doch frühestens im 14. Jahrhundert seinen Zusatz eingegraben hätte, an die Arbeit gegangen wäre, ohne sich vorher zu vergewissern, welche Ordnungszahl der Papst des angegebenen Jahres 1070 geführt habe?

Schade, dass das ganze Gebiet der mittelalterlichen Inschriftenkunde kaum irgendwo von Axt und Spaten berührt ist. So würde ich in eine Wildniss gerathen, wenn ich mich auch mit den epigraphischen Dingen befassen wollte[1]. Aber vielleicht genügen meine übrigen Bemerkungen.

III. Sehr einfach ist das Verfahren, womit Martens die Zeugenschaft Hildebrandus monachus, die er in drei verschiedenen Urkunden gefunden haben will, aus dem Wege räumt. Die Originale sind uns nicht erhalten, und Copien könnten nichts beweisen. Folglich wären drei Schreiber, als ob sie sich mit einander verabredet hätten, auf dieselbe Fälschung verfallen! Doch nein, so schlimm steht die Sache nicht. Martens hat vielmehr aus Einer Urkunde drei gemacht: in Wahrheit bleibt nur die kaiserliche Fassung des Papstwahldecrets von 1059[2]. Diese enthält „viele materielle Unwahrheiten“, und danach brauche man „die Kennzeichnung Hildebrand’s als Mönch nicht weiter zu beachten“. Aber einmal betreffen „die materiellen Unwahrheiten“ durchaus

  1. Auch weiss ich nicht einmal, ob die Inschriften gegossen sind, wie die Thüren selbst, oder eingegraben. In ersterem Falle ist jede Fälschung unmöglich, nur in letzterem wäre sie an sich denkbar. Guss eines Werkes, sagt man mir, fände sich öfter in Verbindung mit Incisionen.
  2. Auf eine Concilsacte von 1059, welche die Streitsache zweier Bischöfe entscheidet, bezieht Martens die Unterschriften bei Mansi, Coll. conc. XIX, 918: in chron. Farfensi, cuius memini superius [d. i. S. 905]. Da gedenkt Mansi der Chronik von Farfa als einer Quelle für das Papstwahldecret von 1059. Jene Streitsache zweier Bischöfe, welcher Martens die Unterschriften anhängt, hat Nichts mit der Chronik von Farfa zu schaffen. Dann hat Mansi S. 909 ex cod. Vat. [1984] ap. Labbeum [Sacros. conc. IX, 1259] und S. 910 ex cod. Florefiensi ap. Martène [Ampl. coll. VII, 60] die Zeugenreihe wieder des Papstwahldecretes von 1059 mitgetheilt. Wenn Martens die von Mansi angeführten Werke eingesehen hätte, so würde er die Unterschriften nicht für ein Sendschreiben an den Erzbischof von Amalfi beansprucht haben! In diesem Irrthum ist Greving seinem Vorgänger gefolgt, jenen hat er doch nicht eigentlich berichtigt: S. 25 Anm. 4 wird die Namenreihe der Chronik von Farfa auch dem Briefe an den Erzbischof von Amalfi zugetheilt.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1894, Seite 233. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1894_11_233.jpg&oldid=- (Version vom 12.5.2023)