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Es bleibt Gregor selbst. Niemals bekennt er sich, wie Martens behauptet, als Schüler des hl. Benedict; sein Ruhm ist, Nachfolger des hl. Petrus zu sein. Das wäre bei einem Hierarchen im Stile Gregor’s nicht überraschend; und vielleicht wird man auch fragen dürfen, ob Gregor nicht selbst empfunden habe, wie wenig gerade er Veranlassung habe, sein Mönchthum zu betonen. Weit entfernt, durch blosse Anlegung eines Habits, wie Martens meint, als Mönch erscheinen zu wollen, soll er vielmehr sein Ordenskleid nur ungern zur Schau getragen haben:

Monachus ex habitu, sed non ex religione,
     Quem tamen abscondit, ne sibi testis eat,
At pallam induitur et clara veste refulget
     Et quasi nupturus pigmaea membra tegit[1].

Quem tamen abscondit! Wenn diese Angabe zutrifft[2], so bestätigt sie meine Vermuthung, Gregor habe in richtiger Erkenntniss seinen Stand als Mönch nicht gern in Erinnerung gebracht. Aber hat er’s wirklich nie gethan?

Nach Martens hätte Gregor in der Concilsrede vom Februar 1076 eine Wendung gebraucht, die „in den Gesichtskreis eines echten Ordensmannes nicht hineinpasst“. Er spricht unmittelbar zu Petrus: Tua sancta Romana ecclesia me invitum ad sua gubernacula traxit et ego non rapinam arbitratus sum, ad sedem tuam ascendere, potiusque volui vitam meam in peregrinatione finire, quam locum tuum pro gloria mundi saeculari ingenio arripere[3]. Da soll Gregor die Meinung, er sei Mönch gewesen, förmlich selbst zurückweisen, denn „der echte Ordensmann sehnt sich stets nach monastischer Ruhe“, er greift nicht zum Pilgerstabe, und wenn er glaubt, „durch Reue und Busse Früheres gut machen zu müssen, so bietet auch dafür sein Kloster den naturgemässen Ort“. Also habe Gregor, wenn auch nur hypothetisch, eine ganz unmönchische Anschauung geäussert! Diese Ausführungen werden mit einer gewissen Komik wirken, wenn man Stellen der Chronik von Monte Cassino vergleicht. Abt Desiderius ist Papst geworden,

  1. Rangerii Vita Anselmi ed. La Fuente 85.
  2. Ebenso sagt Wenrich von Trier: vestem illam, quod solum in eo de monacho remanserat, preciosis exuviis, ut nihil minus quam monachus videretur, desuper occultasse. Libelli I, 286.
  3. Ep. III, 10 a ed. Jaffé 224.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1894, Seite 240. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1894_11_240.jpg&oldid=- (Version vom 12.5.2023)