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ist ein vergeblicher Versuch: auch kommt es auf sie gar nicht an, sondern auf die Zahl der in Frankreich von dem Orden abhängigen Leute und auf den Umfang der ihnen dort unterthänigen Gebiete. Mit wie wenig Rittern hat der Deutsche Orden den von ihm an Weichsel und Pregel errichteten Staat beherrscht? Auch ist nicht recht erfindlich, wie Gmelin erst die Behauptung von einer Gefährdung des Französischen Staates durch die Templer als „kaum ernsthaft zu nehmen“ bezeichnen (S. 230) und dann (S. 236) von „einer eigenen ziemlich selbständigen Politik des Ordens“ sprechen und zugeben kann, dass derselbe der alles nivellirenden monarchischen Gewalt „ein steter Dorn im Auge gewesen sei“, dass diese daher auf Repressivmassregeln gegen ein solch störendes Element habe sinnen müssen. Wenn nun Gmelin dann weiter darthut, wie „der Orden im Vergleich mit seiner verhältnissmässig bescheidenen Mitgliederzahl ein durch seinen Besitz jedenfalls in die Augen fallendes Bevölkerungselement bildete“, so fragt man mit Recht, wo denn der fundamentale Gegensatz eigentlich liegen soll, in dem seine Auffassung von diesen Dingen angeblich zu der meinigen steht. Vielmehr scheint es, als ob er die politische Seite des Verhältnisses zwischen dem Orden und Philipp dem Schönen im wesentlichen so auffasst und beurtheilt wie ich.


IV.

Solcher Widersprüche aber finden sich bei Gmelin nun noch etliche und zum Theil ärgere. Doch bin ich weit davon entfernt, ihm gegenüber daraus in solcher Weise Capital zu schlagen, wie er aus den Abweichungen, die sich bei mir zwischen zwei neun Jahre auseinander liegenden Arbeiten finden, obgleich sich in einem und demselben Werke mehrfach zu widersprechen, und zwar in recht wichtigen Punkten zu widersprechen, doch bedenklicher sein dürfte als jene mir zum Vorwurf gemachte Aenderung der Auffassung. Denn den Schlüssel zu der an ihm selbst zu beobachtenden Thatsache giebt Gmelin (S. 175) in der freilich nicht allzu tiefsinnigen Bemerkung: „Ja, so kommt es immer wieder nur darauf an, wie man eine Sache ansieht“.

Es begegnet ihm nämlich mehrfach, dass, was er als gestrenger Kritiker an meinen Arbeiten verworfen hat, ihm nachher, wo er selbst positiv wird und aus den Quellen zu einem einheitlichen

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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1894, Seite 259. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1894_11_259.jpg&oldid=- (Version vom 13.5.2023)