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Bilde der in Betracht kommenden Vorgänge und Zustände zu gelangen sucht, ganz ebenso oder doch sehr ähnlich erscheint. Es geht ihm da wie eben mit der Gefährlichkeit des Templerordens für den Französischen Staat: in seinem „positiven“ Theil behauptet Gmelin, was von Anderen behauptet in seinem „polemisch-kritischen Theil“ als „nicht ernsthaft zu nehmen“ kurzer Hand abgethan ist. Der Grund davon ist jedoch nur zu einem Theil ein persönlicher oder individueller, zum andern liegt er einmal in der eigenartigen Beschaffenheit des grössten und wichtigsten Theiles des Quellenmaterials, dann aber in der Natur der geschichtlichen Erkenntniss und dem Wesen der geschichtlichen Methode. Mit anderen Worten: es ist leicht, an einem historischen Bilde, das aus einer ungleichartigen und ungleichwerthigen und obenein vielfach lückenhaften Ueberlieferung construirt ist, die Fugen und Risse und die von dem Urheber zu deren Ergänzung beigefügten Zuthaten nachzuweisen und anzufechten. Wenn dann aber der Kritiker seinerseits aus demselben Material ein einheitlich angelegtes und durchgeführtes Bild zu geben unternimmt, dann schliessen sich ihm die einzelnen Theile in der Hauptsache ebenso zusammen, und wo es Uebergänge zu ergänzen und fehlende Zusammenhänge herzustellen gilt, da weiss er das in den meisten Fällen doch nicht viel anders zu machen als der erst von ihm so abfällig Kritisirte. Wir sehen darin einen erfreulichen Beweis für die Richtigkeit gewisser historischer Anschauungen und für die Sicherheit gewisser von ihnen aus gewonnener Resultate.

So ist Gmelin S. 22 ff. bemüht, die von mir und Anderen vorgebrachten Beweise für den Eigennutz der Ordenspolitik zu entkräften. S. 139 ff. legt er sie nicht bloss selbst dar, sondern meint auch, dass die Templer darin ihren eigenen Weg zu gehen berechtigt gewesen seien, weil sie bei ihrer genauen Bekanntschaft mit den Verhältnissen im Osten am besten wussten, was das Richtige war. Aehnlich wird S. 117 gegen meine Bemerkung polemisirt, die Regel von Troyes habe praktischen Werth gar nicht gehabt, „weil sie eigentlich in nichts zu dem thatsächlich Gegebenen gepasst habe“, und dann S. 118 behauptet, dass sie den Rittern nachmals so gut wie unbekannt gewesen sei – was doch in Bezug auf ihre Bedeutung für das Leben des Ordens genau auf das von mir Gesagte hinausläuft.

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1894, Seite 260. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1894_11_260.jpg&oldid=- (Version vom 13.5.2023)