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die päpstliche Commission habe im Gegensatz zu den königlichen Beamten und den Bischöfen, die ganz im Geiste der Inquisition von Anfang an nur darauf ausgingen, die den Templern anhaftende Diffamation als begründet darzuthun, eher das entgegengesetzte Ziel verfolgt.

Trotz der überaus scharfen Kritik also, die Gmelin an meinen Aufstellungen übt, nähert er sich denselben doch beträchtlich, wo er an der Hand der Quellen die in Betracht kommenden Vorgänge und Zustände zu reconstruiren versucht, und trifft in einzelnen Punkten geradezu mit mir zusammen. Das wirft ein eigenthümliches Licht einmal auf die Berechtigung seiner Kritik, dann auf die logische Consequenz und innere Einheitlichkeit seines Standpunkts. Ehe ich zum Schluss darthue, wie das besonders gerade in der Schuldfrage der Fall ist, erlaube ich mir nur noch eine kurze Bemerkung über einen Punkt, der ihm zu ganz besonders heftigen Ausfällen Anlass gegeben hat. Es handelt sich um die Templerische Bibelübersetzung oder Bibelparaphrase, die ich auf Grund der S. 317 ff. mitgetheilten Proben besprochen habe.

Ueber die Vermuthung, die ich über ihre Entstehung ausgesprochen habe, lässt sich gewiss streiten; sie beruht auf einer Combination, die wahrscheinlich, aber nicht zwingend ist, jedoch unterstützt wird durch den Umstand, dass die Sprache des merkwürdigen Denkmals nach sachkundigem Urtheil allerdings dem Ausgange des 12. Jahrhunderts zuzuweisen ist. Gmelin aber läugnet (S. 153–54) überhaupt den Templerischen Ursprung des Werkes und sucht ihn bei den Albigensern. Ich will mich dem gegenüber nicht auf eine Autorität wie Leopold Delisle berufen, der die betreffende Handschrift für die Pariser Nationalbibliothek erworben und zuerst als Templerisch in Anspruch genommen hat.

Dass es sich nicht um eine Albigensische Arbeit handelt, wird jeder erkennen, der den poetischen Prolog aufmerksam liest. Man mag auf die starke Hervorhebung der Tugenden der charité und humilité, die bereits Bernhard von Clairvaux an den Templern gerühmt, kein Gewicht legen und auch zugeben, dass der Ausdruck „ordre“ auf eine Katharische Gemeinschaft gedeutet werden kann. Wie aber Gmelin behaupten kann, der Wunsch des Uebersetzers, er möge als Lohn die „Zulassung zu dem Mitgenuss

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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1894, Seite 264. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1894_11_264.jpg&oldid=- (Version vom 13.5.2023)