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rein mechanisch geübten Formalität werden zu lassen, sondern für ihre Genossen dadurch möglichst nützlich zu machen, dass sie zum Zwecke derselben solche Bücher der Bibel übersetzen liessen, deren Inhalt dem ritterlichen Vorstellungskreis besonders entsprach und ritterlichen Sinn zu nähren geeignet erschien: so hat Hochmeister Lothar von Braunschweig (1331–35) Paraphrasen der Bücher Daniel und Hiob veranlasst und selbst ein poetisches Leben der h. Barbara aus dem Lateinischen übersetzt; um dieselbe Zeit bearbeitete Heinrich Hesler die Offenbarung Johannis für den Deutschen Orden, und ein Karthäuser Philipp widmete demselben sein Leben der Jungfrau Maria. Dass der Meister Richard und Bruder Othon zu gleichem Zweck gerade das Buch der Richter paraphrasiren und das neue Werk mit älteren Bearbeitungen der Bücher Moses und Josua vereinigen liessen, kann demnach nichts Befremdliches haben.


V.

Weitaus die wichtigste, aber auch zugleich die schwierigste Frage, über die daher auf eine Verständigung zwischen den entgegenstehenden Ansichten am wenigsten Aussicht sein dürfte, ist die nach dem Werthe und demgemäss weiter nach der Verwendbarkeit der in dem Processe gemachten Aussagen. Von ihrer Beantwortung hängt die Entscheidung ab über das letzte in dieser verwickelten Sache zu lösende Problem, die Schuld oder Unschuld des Ordens.

Von Ranke liegt eine Aeusserung darüber leider nicht vor. Aber aus der bereits[1] angeführten Darstellung, die er am Schlusse der Weltgeschichte VIII, S. 621 ff. von der Katastrophe der Templer gibt, indem er dieselben als Gesinnungsgenossen etwa Friedrich’s II. und Manfred’s bezeichnet, auf ihre vielfache Berührung mit dem Mohammedanischen Wesen und ihre besondere, zuweilen auch gegen christliche Fürsten gerichtete Politik hinweist und schliesslich sogar die in ihren Kirchen sich findenden unchristlichen Symbole erwähnt, lässt sich der Schluss ziehen, dass er den Orden für schuldig gehalten, also auch die Processacten „nicht ohne alle Glaubwürdigkeit“ gefunden hat: er nimmt an, dass eine Verschuldung der einzelnen Ritter vorgelegen und

  1. S. oben S. 251.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1894, Seite 266. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1894_11_266.jpg&oldid=- (Version vom 13.5.2023)