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gemeinsam mit dem verdächtigen Beamten das Urtheil zu sprechen, und den rechtsweigernden Richter zeigte der Bischof dem Kaiser an[1].

Auch durch andere staatsrechtliche Befugnisse vermochte der Papst den Italienern nützlich zu sein. Die Bürger erkoren städtische Beamte, und die Einwohner eines Regierungsbezirks schlugen der Behörde einen Einheimischen zum Provinzialstatthalter vor. Dieses Vorschlagsrecht und diese Ausschliessung der Fremden hatte der Kaiser seiner Provinz Italien in Folge der Germanischen Invasionen bewilligt[2]. Er hielt auf diese Weise nicht nur das Sondergefühl des Landes wach, sondern steigerte auch die Macht des Episcopats, und am meisten die des Papstes. In Rom fehlte das Amt des Statthalters und im übrigen Italien hörte es im 7. Jahrhundert auf, als in dem Militärstaat die Officiere die Geschäfte der Verwaltung übernahmen, aber auch seitdem verdankten kaiserliche Beamte ihre Stellung dem Einfluss des Papstes[3].

Der Papst war nicht nur das geistige Haupt und der volksfreundlichste Politiker, sondern auch der reichste Herr Italiens geworden. Ihm gehörten so zahlreiche, so ausgedehnte und so stark bevölkerte Ländereien, dass er in ihnen wichtige Stützpunkte für seine Macht und seine Politik besass. Die grossen Pächter, denen er Güter verlieh[4], vermehrten seine Anhänger, die von Colonen und Sklaven bebauten Aecker lieferten ihm bewaffnete Bauern, die bereit waren, für ihn zu kämpfen[5], und

  1. Malfatti, Imperatori e papi I, 1876, S. 138 ff. Armbrust, Die territoriale Politik der Päpste von 500–800, 1885, S. 19 ff. Diehl, Études sur l’administration byzantine dans l’exarchat de Ravenne 1888 S. 319 ff. Hartmann, Untersuchungen zur Geschichte der Byzantinischen Verwaltung in Italien 1889 S. 49 f., 151. Cohn, Die Stellung der Byzantinischen Statthalter in Ober- und Mittelitalien 1889 S. 50 ff.
  2. Pragmatica Sanctio pro petitione Vigilii c. 12.
  3. Vgl. Cohn a. a. O. S. 51 ff. Zu 625–638 (Borgia) Breve istoria del dominio temporale della sede apostolica 1788, appendice S. 9 = Deusdedit, Coll. can. III, 149 S. 322 (Jaffé 2035), s. Arch. della soc. rom. di storia patria XVI, 540 f. und Crivellucci, Studi storici III, 1 S. 129–131.
  4. Beispiele aus den Registern Gregor’s II. u. Zacharias’ gibt Borgia a. a. O., appendice S. 9 f. 12 = Deusdedit III, 149 S. 322. 323. 324. 326.
  5. Vgl. Grisar, Zeitschrift für katholische Theologie I, 321 ff., 526 ff. Vita Zachariae c. 19. 25. 26, Hadriani o. 54. 55. 63. 77. Ein Gutsvorsteher führte seine Bauern an, Vita Gregorii II. c. 7, vgl. Gregor I., Reg. II, 38.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1894, Seite 305. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1894_11_305.jpg&oldid=- (Version vom 15.5.2023)