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die Gutsvorsteher dieser Besitzungen waren einflussreiche Vertreter seiner Interessen. Auch in Italien, dem seit Jahrhunderten von Feinden verheerten Lande, war der Wohlstand gesunken, Handel und Industrie stockten und die Ackerbauzeit hatte begonnen. In dieser Zeit erlangten geringere Grundherren, indem sie ihre Leute ernährten und schützten, neue Rechte, und auch für die päpstliche Gewalt trug der Landbesitz als eine Herrschaftsordnung des Mittelalters Frucht. In der That wäre ein Papst ohne Land, eine Römische Kirche ohne Landgüter in jenem Zeitalter ohne die unentbehrlichen Mittel für eine Weltstellung gewesen. Andererseits boten die Ländereien auch den Feinden einen Angriffspunkt. Imperatoren und Langobarden haben manches Patrimonium genommen, und um ihren Reichthum zu vertheidigen, wurden Päpste zu Handlungen bewogen, die sie ohne derartige irdische Sorge unterlassen haben würden; Verluste suchten sie durch sorgsamere Verwaltung der gebliebenen Patrimonien zu ersetzen und so legten sie in der Umgebung Roms einen Kreis von Wirthschaftshöfen an, durch welche sie zugleich eine Sicherung gegen Anfeindungen des Römischen Adels gewannen.

Das älteste Gebiet einer festen und regelmässigen politischen Thätigkeit hat dem Papste die Stadt Rom gegeben. Der Senat, der allein fähig gewesen wäre, den alten Römischen Sinn zu bewahren, war verschwunden, die Gemeindeverwaltung durch ihre Feinde, Bureaukratie und Militarismus, getödtet, und von der staatlichen Sonderverwaltung der Stadt waren nur sehr wenige Aemter übrig geblieben. Der oberste Beamte des Kaisers für die Stadt, der Stadtpräfect, hatte von seinen Geschäften die meisten aufgeben[1] und sich in eine Abhängigkeit vom Papste fügen müssen. Der vormals ihm unterstellte kaiserliche Getreideverwalter war verschwunden, und an seine Stelle der Papst getreten. Das alte Vorrecht der hauptstädtischen Bürgerschaft, ernährt zu werden ohne zu arbeiten, noch von Justinian feierlich

    Unter Leo IV. sind militiae auf den päpstlichen Gütercomplexen, Duchesne, Liber pontificalis I, 518 Anm. 52. II, 137 Anm. 47.

  1. Es ist beachtenswerth, dass bereits nach Gregor, Reg. XII, 24 (Migne 77, 1235) Unterbeamte des Stadtpräfecten nicht von ihm, sondern in Ravenna ernannt wurden: der Papst verwendet sich, quatenus cura formarum committi Augusto vicecomiti debuisset.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1894, Seite 306. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1894_11_306.jpg&oldid=- (Version vom 15.5.2023)