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zum Opfer zu bringen und die Sorge für die Wohlfahrt seines Volkes zu vergessen. War die Fränkische Politik bisher von Staatsklugheit geleitet worden, so wurde sie jetzt in den Dienst eines persönlichen Verlangens des Herrschers gestellt, ohne dass eine irdische Gegenleistung zu erreichen, ein Zweck des Staates zu verfolgen war. Es war der grösste Verzicht auf politisches Denken und Handeln, welcher bis dahin von einem Germanen vollbracht war, und da dieser Verzicht zu Gunsten des mittelalterlichen Papstthums erfolgte, so hatte sich der König, ohne es zu wissen, in die Kreise der staatsfeindlichen theokratischen Tendenzen begeben, aus denen eine Umkehr nicht mehr möglich war.

Pippin ging bei seinen Verhandlungen mit Stephan II. im Jahre 754 von der Annahme aus, der heilige Petrus habe ein Anrecht auf Ländereien, die zum Theil durch die Langobarden occupirt waren. Der Papst nannte ihm die einzelnen Städte und Stadtgebiete, deren rechtmässiger Herr der Apostel sei. Unter den von ihm angeführten Bezirken befanden sich auch solche, welche noch niemals von einem Papste regiert worden waren; so sollte auch der Exarchat von Ravenna ein Land des Petrus werden[1]. Der König prüfte die Ansprüche wenig, weil ihm der Gedanke fern lag, in Italien sich selbst ein Reich zu gründen. Er versprach dem Petrus, seine Länder von der Gewalt der Langobarden zu befreien[2], stellte eine Urkunde über die einzelnen Territorien aus[3] und beschwur die Erfüllung seines Vertrages[4].

  1. Vgl. Codex Carolinus S. 568. Das versprochene Land galt als Proprium des Petrus, das. S. 492, 15. 506, 39. 563, 17. Vita Stephani II. c. 32. 33.
  2. Vita Stephani II. c. 26. 42. 43–47. Vita Hadriani c. 6. 22. 41. Codex Carolinus S. 489, 12. 490, 1. 491, 26. 492. 493. 495, 42. 505, 40. 506. 512. 515, 14. 516. 517, 23. 520. 523, 23. 525, 26. 529, 1. 536, 33. 543, 27. 548, 28. 549, 7. 557, 32. 568, 34. 579, 4. 649, 23. 652, 2. Ann. Lauriss. 756, Mon. Germ., Script. I, 140. Privilegium Ludwig’s I. 817.
  3. Vita Hadriani c. 42. Codex Carolinus S. 635, 20. Was die Vita Hadriani von dem Umfang des päpstlichen Territoriums meldet, halte ich für glaubhaft. Die Nordgrenze des Landes wird – hierauf macht mich Herr Dr. Sackur aufmerksam – ehemals eine Grenze der kaiserlichen Provinz Italien gewesen sein, auf die der Papst zurückging. Corsica fügte er wohl deshalb hinzu, weil es Langobardisch war, s. Codex Carolinus S. 587. Für Spoleto und Benevent kamen frühere Verträge in Betracht.
  4. Sein Eid über die territorialen Promissionen ist ebenso wie der Karl’s besonders beurkundet worden. Codex Carolinus S. 505, 40. Vita Stephani II. c. 26, Hadriani c. 43. 879 Mansi, Concilia XVII, 347.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1894, Seite 320. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1894_11_320.jpg&oldid=- (Version vom 16.5.2023)